Tag 32 – 24. Mai 2022
Guten Morgen, Régua
Nach dem Frühstück quatsche ich ausgiebig mit Nachbarn. Vor allem mit den Siegenern und den Münsteranern. Wir teilen unsere Portugalerlebnisse und tauschen Tipps aus. Und natürlich sind wir neugierig, was jeder heute so vorhat. Jetzt muss ich aber los.
Ich verlasse Peso de Régua – die größte Stadt im Portweinanbaugebiet. Schon hier wächst der süße Wein auf schmalen Terrassen an steilen hohen Hängen. Die Landschaft ist so einzigartig, dass sie dem Weltkulturerbe angehört.
Himmelstreppe in Lamego
Ich fahre auf der N2 in die Bischofsstadt Lamego mit einer der schönsten Wallfahrtskirchen Portugals. Sie liegt am südlichen Rand des Portweingebiets Alto Douro und inmitten von Weinhügeln. Alto Douro ist seit gut 20 Jahren Weltkulturerbe. Und das zu recht wie ich finde. Die N2 ist kurvig und bietet beispiellose Blicke auf den Douro und die ungewöhnliche Landschaft. Und wie meistens – es gibt leider keine Haltemöglichkeiten.
Ich parke Fiete auf einem riesengroßen Sandparkplatz direkt unterhalb
der prunkvollen Wallfahrtskirche Nossa Senhora dos Remédios aus dem 18. Jh. Sie thront auf einem 600 Meter hohen Hügel. Die einzigartige Kirche ist jedes Jahr im September Pilgerziel von bis zu 500.000 Gläubigen und eine der wichtigsten Pilgerstätten Portugals.
Dummerweise gibt es derzeit eine große Baustelle, so dass ich von der eindrucksvollen Freitreppe zur Kirche ‚nur‘ 512 von 686 Stufen erklimmen kann. Der Aufstieg führt mitten durch den dichten Wald des Parks Santo Estevao. Auf den neun Absätzen des barocken Treppenaufgangs bestaune ich vor allem die fantastischen Fliesenmosaike aus den typischen blau-weißen Azulejos.
Lamego liegt mir zu Füssen. Immer wieder drehe ich mich um, um den sagenhaften Ausblick auf die Stadt zu bewundern. Den Aufstieg über die Stufen scheint der ‚gewöhnliche Touri‘ offensichtlich nicht zu mögen! Mir begegnen davon nur wenige. Die mächtige Wallfahrtskirche schaut hinab auf den ‚Hof der Könige‘ mit einem 14 Meter hohen Obelisken, 18 Statuen und einem ungewöhnlichen Granitbrunnen. Das Innere des Gotteshauses ist schlicht gehalten.
Ich laufe die Treppen wieder runter und kann das Ambiente nochmal in vollen Zügen genießen. Ich gehe die breite Avenida zur Kathedrale von Lamego, die ihren Platz im Zentrum des Ortes hat. Auf mich wirkt das Gotteshaus etwas düster. Die Sé (1129) besitzt im Innern wundervolle Dachfresken mit Szenen aus dem Alten Testament und eindrucksvolle Altäre. Mit der Kirche ist ein Kloster aus der Zeit der Renaissance mit einem schönen Kreuzgang verbunden.
Auf die Besichtigung der maurischen Burg verzichte ich aus gutem Grund: Sie ähnelt fast neunzigprozentig den bereits gesehenen. By the way: In Lamego hat Alfonso der I.1139 dem Land den jetzigen Namen ‚Portugal‘ gegeben.
Durch das Dourotal nach Pinhão
Die N222 gehört zwischen Régua und Pinhão zu den malerischsten Panoramastraßen Europas, weil sie sich direkt am Douro entlangschlängelt und wunderbare Blicke auf die Weinterrassen zulässt. Die 27 Kilometer lange Strecke ist eng und kurvenreich – genauer gesagt fahre ich 93 Links- und Rechtskurven mit zahlreichen Stopps. Die Weinreben sind hier durch Trockenmauern geschützt und bilden perfekte geometrische Muster. Ich halte immer wieder an, um die spektakulären Ausblicke im Bild festhalten.
Die Gegend am Douro ist eine traumhafte Flusslandschaft. Von den 900 Kilometern fließt er 213 Kilometer durch Portugal und mündet bei Porto in den Atlantik. Ab und zu gleitet ein Rabelo vorbei – das typisch flache Boot, mit dem früher die Weinfässer nach Porto transportiert wurden. Etwa 50 Quintas – Weingüter – sind inmitten der Reben angesiedelt.
Das blaue Wunder von Pinhão
Ich steuere jetzt Pinhão, den geografischen Mittelpunkt des Alto Douro an. Hier sind die Weinberge besonders steil, felsig und karg. Die sehr schmale Eisenbrücke in den Ort ist eine Herausforderung bei Gegenverkehr. Sie ist superschmal und neben Fiete passt gerade noch ein normaler PKW. Die extrem umweltschädlichen und prolligen SUWs dürften hier Probleme haben. Offen gesagt freut mich das sehr.
Einen geeigneten Parkplatz für Fiete zu finden, ist eine Katastrophe. Der Einzige im Ort ist derzeit wegen einer Baustelle gesperrt.
Ich besichtige noch den ungewöhnlichen Bahnhof mit seinen 24 historischen Kachelbildern, die vom Leben und der Gegend der Weinbauern erzählen. Ein blau-weißes Wunder.
Jetzt muss ich mich sputen.
Bis bald, Portugal! – Vejo voce em breve a Portugal!
In Kürze verlasse ich das wunderschöne Portugal mit dem Ziel Léon in Spanien. Im portugiesischen Braganca überquere ich die spanische Landesgrenze. Ein letzter Stopp in Portugal fällt dem Zeitunterschied zum Opfer. Habe mich im Dourotal etwas vertrödelt.
In Léon, der historischen Hauptstadt eines Königreichs, ist die Stellplatzsuche ein Desaster! Ich irre eine dreiviertel Stunde herum, Google ist ratlos und die angegebenen Koordinaten sind ungenau. Aber es gibt keine Alternative, muss den Platz finden. Weil niemand auf den Straßen anzutreffen ist, klingele ich mutig an verschiedenen Häusern. Einer der Bewohner kann ein wenig Englisch und zeigt mir den Weg. Der Platz liegt hinter einem riesigen Tor bei einem Wohnhaus. Es ist wirklich nur ein Notquartier (Dusche defekt!!!) und ab 20 Uhr gibt’s kein Entkommen mehr. Es regnet. Das passt!!
DATEN
270 km Strecke
10,4 Liter
68 kmh
Ziel 30.644 km
4 Stunden Fahrzeit