Tag 14 – 6. Mai 2022
Oh. Das sieht nicht gut aus.
Nach dem fantastischen Sonnenuntergang gestern ist es heute stark bewölkt mit zähem Hochnebel. Beim Frühstück entwerfe ich einen taffen Plan für die Tour, aber nicht ohne mich vorher noch von Strand, Meer und vom wellenumspülten Kap Penedo da Saudade zu verabschieden.
Zentral-Portugal ist ziemlich hügelig, die Straßen sind kurvig und führen mich durch Dünen und Macchia. Die Gegend ist mit gelben Sträuchern übersät.
Kultur und Geschichte
Kultur und Geschichte sind heute Thema.
Ziel ist zunächst eines der 3 von 7 TOP Wunder Portugals: das Kloster in Batalha. Später noch die Klöster in Alcobaca und Tomar, die alle drei zusammen wegen ihrer Lage Goldenes Dreieck genannt werden.
Prunkvolle Bauwerke, Grabmal des unbekannten Soldaten und ein historisches Liebensdrama
Batalha
Das unvorstellbar große Kloster in Batalhar sehe ich bereits schon von weitem bei der Anfahrt. Ich kaufe eine Eintrittskarte nach eingehender Beratung für drei Sehenswürdigkeiten und zahle dafür den Spottpreis von 7,50€ .Es ist ein Seniorenticket, dass ein Jahr gültig ist.
Ich denke sofort, wer dieses Kloster nicht gesehen hat, hat etwas verpasst. Alleine die externen Ausmaße des Weltkulturerbes sind der helle Wahnsinn. In der Gründerkapelle ‚Santa Maria da Vitoria‘ befinden sich die Grabmale von König Dom Joajo I und von den Eltern von Heinrich dem Seefahrer. Außerdem das Grabmal zweiter unbekannter portugiesischer Soldaten, welches rund um die Uhr von zwei bewegungslosen Wehrpflichtigen bewacht wird, die jeweils nach einer Stunde abgelöst werden. Die ‚Flamme des Vaterlandes‘ brennt ununterbrochen.
Die Bauzeit des Klosters betrug satte 150 Jahre. Handelte es sich doch um einen besonders prunkvollen Architekturstil, der Manuelinik. Es gab ihn nur im Königreich Portugal des frühen 16. Jahrhunderts. Das Land verdiente in dieser Zeit viel Geld, was den Seefahrern Vasco da Gama und Pedro Alvares Cabral zu verdanken war, die auf den Weltmeeren auf Entdeckertour waren. Lissabon war kurzfristig die mächtigste Hauptstadt des Westens. Mit dem Geld wurde der aufwendige Baustil finanziert.
Alcobaca
Das nächste Wunder Portugals ist ein weiteres Weltkulturerbe, das Mosteiro Santa Maria de Alcobaca, eines der größten Klosteranlagen und der größten gotischen Kirche Portugals. Auch hier bin ich sprachlos beim Anblick des Zisterzienserkloster. Es gibt zahlreiche Kreuzgänge, ein 100 Meter langes Kirchenschiff, enorme 20 Meter hohe Säulen und die prunkvollen Sarkophage des innigen Liebespaares König Pedro I und seiner Frau Inês de Castro. Pedros Vater ließ Ines während der Abwesenheit seines Sohnes grausam ermorden. Die Särge stehen sich deshalb exakt gegenüber, damit sich das Paar nach ihrer Auferstehung sofort wiedersehen kann. Was für ein Drama!
In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit, die ich in diesen beiden Klöstern verbracht habe, cancele ich den Besuch des Dritten in Tomar. Was ich aber hinterher bereuen werde.
Fatima
Stattdessen wende ich mich dem Heiligtum von Fatima zu. Fátima ist einer der berühmtesten Wallfahrtsorte Portugals sowie der katholischen Kirche. Gut fünf Millionen Gläubige jährlich besuchen das überdimensionierte Gotteshaus mit dem größten Vorplatz der Welt. Er ist fast doppelt so groß wie der Petersplatz in Rom! Der Touristenrummel wird schamlos ausgenutzt, von Händlern und der Kirche selbst. Nur allein für Kerzen werden hier Riesensummen ausgegeben.
Ich habe Glück und es ist relativ leer. Das weite helle Gelände ohne Ende wirkt auf mich kühl und fern der Realität. Das gesamte Ensemble soll etwas Spirituelles ausstrahlen, was ich in keiner Weise nachempfinden kann und fühle mich wie ein Fremdkörper in einer eigenen Welt. Die Kirche Santissima Trindade ist mit 9000 Sitzplätzen eine der größten Kirchen Europas. Sie hat einen Durchmesser von 125 Metern.
Alles in allem für mich nichts Bewegendes und im nachhinein ärgerlich. Das Kloster in Tomar wäre die bessere Alternative gewesen.
Óbidos
Zum Ende des Tages besuche ich noch Óbidos. Der Ort ist wahrscheinlich die meist besuchte historische Kleinstadt Portugals, denn hier wimmelt es von Touristen. Alle – ebenso wie ich – möchten die weiß getünchten Häuser, die engen Gassen und das Castelo bestaunen, das über allem auf einem Hügel thront. Die Attraktion allerdings ist die zwei Kilometer lange vollständig intakte und begehbare Stadtmauer.
Schon das Eingangsportal in die mittelalterliche Stadt, die ‚Porta de Villa‘, ist eine Attraktion. Hier ist eine kleine Kapelle integriert, die mit Azulejos aus dem 18. Jahrhundert verziert ist und begeisterte oh und ah-Rufe auslöst.
Natürlich will ich zuerst über die Zinnen-verzierte Stadtmauer laufen. Und das wird für mich zu einem kleinen Problem. Der Weg ist superschmal und zur anderen Seite hin vollständig offen! Einzig und allein die fantastische Aussicht auf das mittelalterliche Ensemble und die Umgebung veranlassen mich an der Außenmauer klebend zum Rundgang. Nach einem Kilometer habe ich meine Höhenangst nicht mehr unter Kontrolle und steige aus.
Sichtlich wohler schlendere ich noch durch die Gassen und trinke zum Abschluss den nur hier hergestellten 20-prozentigen Kirschlikör aus einem Schokohütchen.
Peniche – Kap Carvoeiro
Jetzt ist Zeit, dass ich mir ein Übernachtungsplätzchen suche. Der Camping Municipal in Penichhe hat leider schon geschlossen. Auch meine Überredungskünste mit dem Wachmann nutzen nichts. Er bleibt hartnäckig und verweist mich auf einen anderen Stellplatz. Der ist ganz in Ordnung und nach so viel Geschichte und Kultur genieße ich jetzt Spaß mit meiner Let’s Dance Show.
Daten
161 km Strecke
10,5 Liter
51 kmh
Ziel 28324 km
3 Stunden Fahrzeit