Samstag und Sonntag, 22. und 23. Juli 2017
Wunderbar und lange in der Sackgasse vor dem Haus von Susanne im Fiete geschlafen. Die Sonne scheint und ich freue mich auf ein entspanntes Frühstück und den Besuch des Fahrradparadieses Münster, OHNE Hollandrad.
Es gibt frische Brötchen und alles, was das Herz einer begeisterten Frühstückerin höher schlagen lässt. Wir lassen uns Zeit und starten gegen halb Zwölf. Ich steuere Susannes Auto, weil sie als bekennendes Landei nur ungerne in die ‚große Stadt‘ fährt.
Bevor wir auf die B54 fahren geht es erst in einen Drogeriemarkt. Stellt Euch vor, hier kaufe ich Klopapier! Nicht irgendeines, nein, sondern das mit niedlichen Bildern bedruckte, was Susanne im Bad verwendet. Es ist für Valentina, die sich darüber sicher freuen wird und an die ich mindestens einmal pro Stunde denke.
Susanne führt mich in Münster, der Stadt des ‚Westfälischen Friedens‘ (1648), zuerst an den Aa-See, einem künstlich angelegten Stausee in der Nähe des historischen Stadtkerns. Das idyllische Naherholungsparadies wurde 2009 zu Europas schönstem Park gewählt. Schade, dass die hier beheimatete ‚MS Günther‘, Partyboot von Leon Windscheid, gerade unterwegs ist. Der Student hatte bei Günther Jauch 1 Mio €uro gewonnen und sich mit dem Boot einen Traum erfüllt.
Auf den Aa-See-Terrassen genießen wir Sonne, Cappu, die unvergleichliche Aussicht und beobachten das Treiben der Leute und die Blässhühner. Wir chillen auf der berühmten Freitreppe, vor der regelmäßig Folgen der Krimiserie ‚Wilsberg‘ gezeigt werden. Auch sonst verschwindet hier so manche Leiche im Wasser, denn Boerne & Thiel ermitteln regelmäßig in Münster. Das Verbrechen schläft nicht!
Jetzt geht’s mit dem Auto ins Herz der Stadt. Gar nicht so einfach, ist Münster doch die Fahrradhauptstadt der Welt. Mehr als 100.000 Radler sind hier täglich unterwegs. Heute auch! Die westfälische Großstadt hat ungefähr doppelt so viele Räder wie Einwohner, ca.500.000! Kein Wunder, dass die Region mehr als 4.500 Km vorbildlich ausgeschilderte Radwege besitzt. Das entspricht ungefähr einer Strecke von Frankfurt nach Novosibirsk! Mit 3.500 Stellplätzen ist die Radstation am Hautbahnhof die Größte Deutschlands. Selber Bikes waschen ist out, dafür gibt es hier eine Fahrrad-Waschanlage. Damit genug der Zahlen-Fakten-Daten.
Wir erreichen unbeschadet das Parkhaus ‚Stubengasse‘ in der Nähe des Domplatzes und stellen die schwarze Knutschkugel für die nächsten Stunden sicher unter, um direkt in den Arkadengängen der noblen Schaugiebelhäuser am Prinzipalmarkt, der ‚guten Stube Münsters‘, entlang zu flanieren. Der Straßenzug mit seinen Sandsteinfassaden und goldenen Ladeninschriften an den Giebelhäusern wurde 2006 auf Platz 4 der ‚Lieblingsorte der Deutschen‘ gewählt. Ich warte vergeblich darauf, dass Tatortkommissar Thiel mit seinem Rad das Kopfsteinpflaster hinunter düst.
Eines muss man wissen: Die Innenstadt Münsters wurde im 2. Weltkrieg nahezu komplett, Münster selbst zu 60% zerstört. Alle geschichtsträchtigen Gebäude, die wir sehen, wurden von 1947 bis 1958 naturgetreu wieder aufgebaut.
Wir schlendern weiter durch die Fußgängerzonen, genießen den Flair der Stadt, das Gewusel um uns herum und das sonnige, sehr warme Wetter.
Auf dem Domplatz, direkt vor dem romanisch-gotischen St.-Paulus-Dom, ist Wochenmarkt. Hier gibt es alles, was Augen und Magen erfreut. Aus Holland, das nur 30 Kilometer entfernt ist, stehen zahlreiche Käse- und Lakritzbuden. Das angebotene Blumenmeer ist unübertroffen und super preiswert.
Die auf dem ‚Horsteberg‘ (etwa 2-3 Meter hoch) stehende Kathedrale zählt zu den bedeutendsten Kirchenbauten in Münster und gehört zu den zahlreichen Wahrzeichen der Stadt. Auch der König des Fränkischen Reichs, Karl der Große, weilte in Münster. Er erhob 805 die Stadt zum Bistum.
Nach dem Marktbesuch brauchen wir eine Pause und chillen im ‚Il Panino‘ bei Wasser und Pizza. Von der Terrasse des Lokals haben wir einen herrlichen Blick auf die im Stil der westfälischen Spätgotik erbaute St.-Lamberti Kirche von 1375. Ich entdecke bei einem kurzen Rundgang drei am Kirchturm befestigte Eisenkörbe, in denen im 16. Jahrhundert die Leichname der Wiedertäufer öffentlich aufgehängt wurden. Direkt um die Ecke liegt die Dominikaner Kirche, 1708, mit einer Wand der ehemaligen Klosteranlage. Hinter dem Torbogen stöbern wir erfolgreich in einem Krimskrams-Lädchen.
Wir befinden uns jetzt auf der nur 500 Meter langen Salzstraße, 1346 erstmals erwähnt, und die älteste Handelsstraße in Münster. Die Stadt war nämlich Ende des 14. Jahrhunderts Mitglied der Hanse. Kurze Zeit später stehen wir vor dem gotischen Rathaus mit einem der bedeutendsten Profangiebel Deutschlands. Es stammt aus dem 14. Jahrhundert und gehört mit seinem charakteristischen Bogenhaus ebenfalls zu den Wahrzeichen Münsters. Ich kann mich gar nicht satt sehen an den bildschönen Giebelhäusern – kein Giebel gleicht dem anderen – und beneide Boerne & Thiel um die zahlreichen Münster-Aufenthalte.
Wir hören das Glockenspiel des Stadthausturms, das gerade ‚Kein schöner Land in dieser Zeit‘ in die Stadt schickt. Der Turm hat übrigens das Kriegs-Inferno nahezu unbeschädigt überstanden.
Die Füße brennen, mittlerweile hat es fast 30 schwülwarme Grad, und wir entschließen uns zur Rückfahrt. Nicht ohne noch einen klitzekleinen Shopping-Bummel zu unternehmen und ein Frozen Yoghurt Spezial zu schlabbern. Dabei kreuzen wir die gotische Hallenkirche Liebfrauen (1040/1340), auch Überwasserkirche genannt. Wir verpassen dummerweise das schräg gegenüber liegende Antiquariat Solder, in dem der Pleitegeier und Schnüffler Wilsberg aus der gleichnamigen Krimireihe seine Film-Geschäfte führt.
Gegen 19 Uhr sind wir wieder in Burgsteinfurt und entschließen uns für ein Dinner zu Hause. Ich lerne Elke, die neue Nachbarin von Susanne kennen, wir trinken noch ein Bierchen zusammen, quatschen noch ne Runde und hau‘n uns dann in die Betten. Mittlerweile ist das angekündigte Regengebiet angekommen. Es schüttet die ganze Nacht aus Eimern!
Nix’n sternenklar……
Sonntag, 23. Juli 2017
Nicht gerade ausgeschlafen – der Regen hat genervt – genieße ich mit Susanne ausgiebig bei frischen Brötchen das Frühstück. Leider lässt sich der Abschied nicht mehr verschieben. Gemeinsam fahren wir mit Fiete zum Tanken und verabschieden uns. Bye-Bye Susanne, Bye-Bye Burgsteinfurt, Bye-Bye Münster. Gegen halb Zwölf befinde ich mich auf der Rückfahrt in die Bankenstadt, komme gut durch und stelle Fiete viertel vor Drei auf seinem Stamm-Parkplatz ab.
Eines steht fest: Weil Münster eine sehenswerte Stadt und Susanne ein wunderbarer Kurschatten ist, kehre ich auf jeden Fall zurück.