Samstag 8.8.2020
Radrundtour über Koblenz nach Braubach und Osterspai (38,7 Km.)
Und wieder ist es ein wunderschöner und gemütlicher Morgen.
Heute wollte ich wieder eine Wandertour einlegen, aber der Wetterbericht verspricht brütend heißes Wetter. Und die Verstauchung am kleinen Zeh hält sich weiterhin hartnäckig, leider.
Was liegt da näher, als sich den lauen Fahrtwind auf dem Rad um die Nase wehen zu lassen. Ein Blick in meine Touri-Unterlagen und das Ziel steht fest: die Marksburg in Braubach.
Übrigens, zwischen Bingen und Koblenz gab es im Durchschnitt alle 2,5 Kilometer eine Burg – über 40 davon sind noch erhalten. Allerdings wurden viele der Ruinen im 19. Und 20. Jahrhundert erst wieder aufgebaut, z.B. Rheinstein, Stahleck, Sooneck, Lahneck, Katz und Maus und Stolzenfels. Nur wenige Ausnahmen wie Pfalzgrafenstein und die Marksburg haben die Zeiten unzerstört überdauert.
Ich komme nur langsam in die Puschen und starte erst um Viertel nach 11. Erster Halt ist Spay. Der kleine Ort liegt schräg gegenüber der Marksburg und ist derjenige mit den meisten Fachwerkhäusern im ganzen Mittelrheintal. Nach dem Motto „Fahr‘ nicht vorbei an Spay“ halte ich an einer vierteiligen goldfarbenen Schiffsschraube und einer für die Orte am Mittelrhein typischen Fahnenstangen-Kombination zu Ehren der Schifffahrt und zur Zierde der Heimat. Die Hochwasserstände sind auf einer Tafel festgehalten. Ich banne die ersten Fotos von der wunderschön gelegenen Marksburg auf der rechtsrheinischen Seite auf die Speicherkarte.
Nächster Stopp ist Rhens, und auch hier bewundere ich die fantastische Lage vom gegenüberliegenden Braubach mit der Marksburg. Das Städtchen reicht vom Ufer des Rheins bis hinauf auf die Hunsrück-Höhen. Mein Weg führt mich direkt am ‚Rhenser Mineralbrunnen‘ vorbei. Hier habe ich ein Déjà-vu. Auf der 2019-iger Radtour mit Freunden habe ich hier auch Wasser abgefüllt. Es ist heiß und die erste Getränkeflasche aus dem Rucksack schwitze ich bereits wieder aus. Ich fülle nach.
Der Brunnen blickt auf eine lange Tradition zurück und war schon im Mittelalter überregional bekannt. Zu dieser Zeit wurde in diesem Städtchen europäische Geschichte geschrieben. Das lag an der geographisch günstigen Lage zu den Schlössern und Burgen. Direkt an der heutigen Quelle stand damals der „Königsstuhl“ (1398), an dem europäische Monarchen Kongresse abgehalten haben und 1400 der erste König – Ruprecht von der Pfalz – gewählt wurde.
Weiter geht es vorbei an der Hangburg Stolzenfels (1242), die gegenüber von Lahnstein auf einem bewaldeten Bergrücken thront. Das Kulturdenkmal mit Landschaftspark liegt genau über dem gleichnamigen Stadtteil von Koblenz und gegenüber der Lahnmündung und der 1232 erbauten Burg Lahneck.
Jetzt taucht die Frage auf, wie und wo komme ich möglichst schnell über den Rhein.
Und das geht nur über die Horchheimbrücke, einer Brücke für Eisenbahn und Fußgänger. Wie alle Koblenzer Brücken wurde auch diese Ende des 2. Weltkrieges fast völlig zerstört und nach Kriegsende wieder neu errichtet.
In Lahnstein mache ich ein Päuschen an der Lahnmündung mit Blick auf die Burg Lahneck (1226) und beobachte zahlreiche Kanufahrer. Der Ort grenzt an Westerwald und Taunus und liegt zwischen Mittelrhein und Nassauer Land mit einem wunderbaren Wandergebiet. Hier kann man den Rheinhöhenweg, den Lahnhöhenweg und den Jakobsweg erlaufen. Und natürlich den berühmten Rheinsteig!
Hinter Lahnstein – ziemlich versteckt – komme ich an der Heilquelle „Victoria-Brunnen“ vorbei, deren Mineralwasser aus einer Tiefe von 450 Meter heraussprudelt. Nur wenig später erreiche ich Braubach, eine Stadt mit langer Geschichte, mittelalterlichem Charakter und idyllischem Flair. Umgeben von Reben und Rosen und bewacht von der imposanten Marksburg (14. Jh.), die auf einem 90 Meter hohen Felskegel hoch über den verwinkelten Altstadtgassen thront. Sie ist die einzig nicht zerstörte Höhenburg am Mittelrhein und trägt ihren Namen nach dem Evangelisten Markus.
Bevor ich auf die Marksburg steige schlabbere ich ein Spaghetti-Eis – und zwar eines der Sorte ‚best ever‘. Musste ich dafür doch erst nach Braubach fahren!!
Es ist schwülheiß und drückend, aber mein Vorhaben ziehe ich durch. Der Einstieg in den Weg zur Burg ist offenbar geheim. Ich fahre mit dem Rad mehrfach vorbei und auch der Versuch zu Fuß scheitert. Fragen hilft, ich bekomme eine präsise Beschreibung und endlich liegt der Weg und ein klitzekleiner Hinweis dazu vor mir.
Der Aufstieg ist steil und wegen der Hitze beschwerlich. Mein Wanderhandtuch kommt erstmals zum Einsatz und fängt die Schweißtropfen auf, die Augen brennen und die Schminke ist im Eimer. Endlich oben angekommen herrscht Maskenpflicht. Auf eine Führung müsste ich eine Stunde warten. Das kriege ich zeitlich nicht hin. Aber ein kleines Picknick ist drin. Beim Abstieg komme ich komischerweise nicht an meinem abgestellten Rad raus. Es gibt also offensichtlich noch weitere Einstiegsmöglichkeiten.
Zu Braubach gehören auch „die drei Schornsteine auf dem Berg Pankert. Längst sind sie ein zweites Wahrzeichen der Stadt geworden und werden liebevoll „Weinbergheizung“ genannt. Die Schlote gehören zu einer ehemaligen Blei- und Silberhütte. Manchmal rauchen sie, denn heute wird hier Bleischrott verarbeitet.
Jetzt liegt eine längere Radstrecke vor mir. Der Weg führt entlang der Straße und begeistert mich nicht. Ich radle wie eine Maschine, Tritt für Tritt und erreiche endlich Osterspai. Mit seinen schmucken Fachwerkhäusern schmiegt sich das Örtchen zwischen die Wälder der westlichen Taunushöhen und die ausgedehnten Obstgärten. Osterspai gehört zu den Gebieten am Mittelrhein, in denen die Reblaus Ende des 19. Jahrhunderts den Weinbau fast völlig vernichtete. Im Sommer ist die Mole zum Naturschutzgebiet „Enges Thürchen“ ein beliebtes Badeziel mit einer wunderschönen Naturbadebucht und traumhaftem Panorama. Das Enge Thürchen liegt an der Spitze der Mole, ist Naturschutzgebiet und darf nicht betreten werden.
Ich habe einen tollen Blick auf ‚meinen‘ gegenüberliegenden Campingplatz, den Hunsrück, den Bopparder Hamm und vergesse dabei die Kilometer, die noch vor mir liegen.
Ich starte nach Filsen, wo mich die Autofähre auf die linksrheinische Seite nach Boppard bringt. Die Fähren über den Rhein gelten als Institution und gehören zum Rheintal wie die Burgen und der Wein. Brücken sind dünn gesät. Noch heute braucht es viel Geschick und Erfahrung, die bedeutendste Wasserstraße Europas zu überqueren. Ich habe Glück und muss nicht lange warten. Die letzten knapp 6 Kilometer zum Campingplatz spule ich mechanisch ab und springe kurze Zeit später in den Pool.
Ein Abendessen folgt und ich bin so geschafft, dass mich mein Bett magisch anzieht.
Gut’s Nächtle.