18. August 2023
Wir frühstücken fürstlich unter unserer Königskrone.
Der Tisch ist reich gedeckt und Birgit hat frische Brötchen besorgt.
Heute ist volle Pulle Sightseeing angesagt. Wir haben dazu gestern Abend bei einem leckeren Bierchen einen Schlachtplan ausgearbeitet. Das wird ein harter Touri-Tag. Wir starten gestärkt, begierig und voller Erwartungen zu unserem Ausgangspunkt, dem Centraal Bahnhof.
Grachten, Giebelhäuser und der schönste Gürtel der Welt
Ziel Nummer Eins ist die Anlegebrücke am Bahnhof, an der viertelstündlich unzählige Sightseeing-Boote zu einstündigen Grachtenrundfahrten starten. Wir buchen mit Reedrij Kooij Canal Tours für 14,50 Euronen eine Bootsfahrt, mit der wir uns einen ersten Eindruck über die Altstadt verschaffen wollen. Die architektonische Kombination aus historischen Grachtenhäusern und Kanälen ist weltweit einzigartig! Wir sind gespannt wie ein
Flitzebogen. 🏹
Amsterdam hat rund 200 Kanäle mit ungelogen über 100 Kilometern Länge, die schon im 17. Jahrhundert als Transportwege dienten. Dieses riesige Kanalnetz zieht sich fast durch die gesamte Stadt. Seit 2010 zählt der Grachtengürtel zum Weltnaturerbe der UNESCO. 🏆
Der komplett erhaltene historische Grachtenring legt sich halbkreisförmig um das mittelalterliche Stadtzentrum. Vier davon interessieren uns besonders: die Prinsengracht, die Keizersgracht, die Herengracht und die Singelgracht – mit ihren zahlreichen Quergrachten.
Und genau hier lassen wir uns jetzt durchschippern.
Los geht’s. Das Boot ist voll. Und weil das Wetter es zulässt, fahren wir mit geöffnetem Dach. Ich reibe mir die Hände, denn das ist perfekt zum Fotografieren. Wir gleiten mit zahlreichen anderen Booten vorbei an wunderschönen Giebel-Häusern aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Reiche Kaufleute ließen hier ihre Wohn- und Lager-Häuser bauen. Eine Gracht weiter – im ehemaligen Armenviertel Jordaan – entstanden die Häuser für ihre Bediensteten.
Es ist ein beispielloses Ambiente! Mal windschief, mal krumm, mal breiter, mal schmal wie ein Handtuch, mal nach vorne gebeugt, aber immer Schulter an Schulter stehen die historischen Gebäude und erzählen eine jahrhundertealte Geschichte. Warum sehen sie aus, wie sie aussehen? Weil allesamt auf Pfählen erbaut wurden und auf schlammigem Untergrund stehen! Das schmalste Haus an der Prinsengracht bemerken wir nicht. Wie soll man auch ein 1 Meter breites Gebäude zwischen all den anderen erkennen? Unfassbar! 🤔😮Und warum sind viele davon so schmal? Weil das Grundstückseigentum damals nach der Breite besteuert wurde.
Wir hätten noch Stunden länger durch die Grachten schippern können, freuen uns aber jetzt auf einen ausgiebigen Stadtrundgang. Denn das intensivste Amsterdam-Feeling erlebt man nur, wenn man sich treiben lässt. Und genau das ist jetzt unser nächstes Ziel. Was wir noch nicht wissen ist, dass besondere Achtsamkeit von Nöten ist.
Dauerklingeln der „Fietser“ und Springbock-Mentalität
Amsterdam genießt den Ruf einer fahrradfreundlichen Stadt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass den ganzen Tag über wildes Fahrradgeklingel zu hören ist. Die „Fietser“ flitzen brutal über die Straßen und nehmen dabei alles in Kauf. Und das ohne Helm! Wer einen solchen trägt, ist mit Sicherheit ein Touri!!! 🚴♂️🚴♀️⛑️
Über 60% der Einwohner fegen täglich mit dem Bike durch die Straßen. Übrigens: Auf jedes Auto auf der Straße kommen etwa drei Fahrräder.
Die ersten Minuten zu Fuß springen wir von rechts nach links, zurück und vor, bis wir uns den Fahrradregeln notgedrungen anpassen. 😟😦😨😱🤸♀️🤸♀️🤸♀️
Königspalast, Kirche und knusprige Fritten
Über die Kalverstraat, der Frankfurter Zeil Amsterdams, gelangen wir zu dem größten Platz der Metropole, dem Dam. Hier turnen die Touris in Hülle und Fülle umher.
Aber Birgit und Ines haben nur Augen für eine ganz bestimmte Frittenbude, das „Manneken Pis“, angeblich der beste Pommes-Schuppen 🍟🍟 in ganz Amsterdam! Großen Hunger darf man hier nicht haben. Weil die Warteschlange immer ellenlang ist, droht im schlimmsten Fall der plötzliche Tod. 💀 Die Mädels sind Feuer und Flamme und seeeehr hungrig. Sie stellen sich an für eine Tüte „Friets to go“. Ich schnuppere in der Zwischenzeit ein bisschen auf dem Dam herum. Er ist die Keimzelle der Stadt, also das Gelbe vom Ei!!
Schließlich befindet sich hier der Koninklijk Paleis (Königspalast) 👑👑 und die Nieuwe Kerk – die Krönungskirche der niederländischen Monarchen. Vor der französischen Revolution war der Palast ein Rathaus. Danach setzte Napoleon Bonaparte seinen Bruder Louis als König von Holland ein. Der machte mir nix dir nix aus dem Rathaus seinen Königspalast, der übrigens auf exakt 13.659 Holzpfählen steht! Und bedeutungsvolle Kirchen ⛪hat’s auch genug auf unseren Wegen,
Oase der Ruhe
Wir machen uns jetzt auf den Weg zum sehr versteckt liegenden Begijnhof aus dem 14. Jahrhundert. Er ist der älteste und bekannteste von etwa zwei Dutzend Amsterdamer Hofjes. Es ist eine Oase der Ruhe: wenige Touris, eine kleine Kirche, schmale Giebelhäuser, Kastanienbäume, ein hübscher Garten und winzige Vorgärten. Hier wohnten alleinstehende, verwitwete und gläubige Frauen, die Beginen. Ein Juwel ist das „Houten Huys“, das älteste Holzhaus der Niederlande. Es stammt aus der Zeit um 1528, hat steinerne Seitenwände und eine hölzerne Vorder- und Rückfassade.
Das war Teil I unseres heutigen Sightseeing-Marathons! Morgen gibt es den 2. Teil.