Samstag, 05.09.2020
Mein letzter Tag in diesem wunderschönen Alpengebiet ist angebrochen.
Ich stehe um 8 Uhr auf und genieße mit viel Zeit die Sonne und mein Frühstück. Ich beschließe, heute schon mal die Rechnung zu bezahlen. Es sind genau 196,50 € für zehn Nächte. Für diesen supertollen Campingplatz ‚all-inclusiv‘ viel zu wenig, wie ich finde. Der 2019 für den besten Service und seine Freundlichkeit ausgezeichnete Platz hat diesen Preis mehr als zu Recht erhalten.
Ich schnüre ein letztes Mal die Wanderschuhe und gehe ein letztes Mal den 1,4 km langen Weg zur Talstation der Muttersberg-Bergbahn. Es ist sonnig und warm. Eine Stunde vor Highnoon stehe ich ein letztes Mal auf der Terrasse des Alpengasthofs und staune ein letztes Mal wieder über das sich mir bietende Alpenpanorama. Da ist es völlig egal, dass die Gästekarte für die Gondel am Wochenende nicht gilt. Damit sind aber 16 €uronen für die Hin- und Rückfahrt fällig. Und das kommt mir heute irgendwie happig vor.
Der Weg ist das Ziel
Ich orientiere mich am Wanderangebot und entschließe mich für die Wanderung zur Elser Alpe, die 1.590 Meter hoch liegt. Zweimal sechs Kilometer sind dabei zu bewältigen – hin und zurück. Phe, das laufe ich doch jetzt mit links.
Die idyllisch unterhalb der 2.211 Meter hohen Gamsfreiheit im Lechquellengebirge gelegene, nur im Sommer bewirtschaftete Alpe, ist nicht nur ein beliebtes Ziel für Wanderer, sondern auch für Mountainbiker.
Die Tour beginnt direkt unterhalb der Bergstation. Sie führt durch das Elstal, einem Hochtal der Gemeinden Nüziders/Bludenz. Es liegt unterhalb der Waldgrenze und ist ritze-ratze-saftig-grün. Zunächst ist es ein fast gerade verlaufender und sonniger Weg. Aber schnell wird er steiniger und unebener. Trotzdem ist es genau DIE Abschieds-Wanderung, die ich mir vorgestellt habe. Ab und zu rauschen geschwindigkeits-infizierte Mountainbiker an mir vorbei und ich treffe vereinzelt auf Wanderer und Trecking-Begeisterte. Als Greenhorn der Wanderprofis weiß ich jetzt, dass dies ein Unterschied ist! Schon allein beim Wanderwerkzeug – dem richtigen Schuh – fängt es an.
Kurz hinter der Bergstation erreiche ich einen kleinen, sehr idyllisch gelegenen Bergweiher mit dem ‚Hansi-Steg‘ (lustig, so hieß mein Wellensittich aus Kindertagen), der durch eines der neuen Kunstwerke auf dem Muttersberg, einem grell-hellblauen Hochsitz, noch an Schönheit gewinnt. Haha! Ganz großes Bergweiher-Kino!
Von hier erblicke ich mein Erstlingswerk aus diesem Urlaub, die Fraßenhütte mit der Vorarlberger Flagge. Es erfüllt mich nochmal mit Stolz, dass ich diese Tour mit sehr viel Beharrlichkeit und eisernem Willen geschafft habe. Sir Edmund Hillary, Australier und Erstbesteiger des Mount Everest hat es so formuliert:
„Es ist nicht der Berg, den wir bezwingen, wir bezwingen uns selbst“. Wie wahr.
Weiter geht es vorbei an zwei schön geschmückten Herrgottstritten – die anderen mindestens fünf habe ich gewissenhaft übersehen – und an einem wunderbaren Quellwasser-Brunnen. Ab jetzt geht’s stetig bergan, über den 1.562 Meter hohen Tiefenseesattel um das 2.009 Meter hohe Breithorn herum mit Blick auf die Kellaspitze mit ihren 2017 Metern. Es ist einfach alles nur toll-toller-am tollsten!
Meine Blicke sind heute besonders aufmerksam und schweifen noch mehr als sonst über die Hügel mit den lieblichen Almwiesen, auf die zahlreichen Berggipfel, oder aber die tief unten liegenden Täler. Es ist ein ganz besonderes Glück, was ich hier empfinde. Insekten summen, Kühe liegen zufrieden und wiederkäuend im Gras. Nichts als einfach nur wunderbare Natur.
Endlich ist die Almhütte in Sichtweite. Die zahlreichen Halsglocken der Almkühe haben es schon angekündigt. Ich freue mich schon auf eines der leckeren Alpprodukte, an denen kein Wanderer vorbei läuft. Ich esse ein Bergkäsebrot und trinke ein eisgekühltes Radler.
Der Rückweg verläuft auf dem gleichen Weg. Und trotzdem sind die Eindrücke nicht dieselben. Das Erlebnis der Weite beim Abstieg ist besonders faszinierend. Kann auch damit zusammen hängen, dass ich heute nochmal alles doppelt und dreifach in mich aufsauge…….
Dabei fällt mir ein weiteres Zitat ein: „Wenn der Weg schön ist, lass uns nicht fragen, wohin er führt.“ Französischer Dichter Anatole Franca.
Dummerweise diesmal nach Hause!!! Gar nicht schön!
Um ½-fünf bin ich zurück bei Fiete und schnüre ein letztes Mal die Wanderstiefel auf. Alles in allem bin ich 14,11 Kilometer gelaufen. Ich ruhe mich aus und genieße mein Kopf-Kino. Der vorausgesagte Regen scheint bald einzutreffen. Ich löse mich von meinen Gedanken und mache Fiete reisefertig. Passt!
Genau jetzt beginnt es zu regnen. Ich schaue noch entspannt fern und beschäftige mich mit den verschiedenen social media Kanälen.
Morgen muss ich heim…….aber nicht unmittelbar. Will noch mal im Allgäuer Städtchen Wangen vorbeischauen!!