4. Juli 2020
Mitten in Deutschland befindet sich mit knapp 1.000 Metern Hessens höchster Berg, die Wasserkuppe, von den Rhönern liebevoll „die Kupp“ genannt. Und den wollen wir heute besuchen. Das Wetter spielt mit.
Wir starten in Sannerz, fahren über Landstraßen parallel zur A7, über Bundesstraßen und Gersfeld direkt auf einen großen Parkplatz der Wasserkuppe. Es ist ziemlich windig und kühler als ich dachte.
Jahrzehnte ist es her, das ich das letzte Mal hier gewesen bin.
Deshalb freue ich mich auf die Mittelgebirgslandschaft und die weitesten Fernblicke, die man von hier oben in Hessen genießen kann. Es ist ziemlich viel los. Besonders bei den Segelfliegern, denn seit über 100 Jahren ist der Berg als „Wiege des Segelflugs“ bekannt. Tollkühne Pioniere erhoben sich hier bereits Anfang des 20. Jahrhunderts in ihren fliegenden Kisten in die Lüfte und schrieben Luftfahrtgeschichte. Gleich neben dem Segelflughafen haben Motoradfreaks mindestens 50 Motorräder abgestellt. Wir schauen den Starts und Landungen zu und begleiten die ruhig dahingleitenden Segler mit unseren Blicken.
Jetzt geht es zum Kulturdenkmal und Wahrzeichen der Rhön, zum ‚Radon‘, dass sich auf dem Hochplateau der Wasserkuppe befindet. ‚Die Kupp‘ war während des Kalten Krieges ein strategisch bedeutender Radarposten der NATO. Von ursprünglich fünf Radons, die die Aktivitäten jenseits des Eisernen Vorhangs ausspähten, ist eines noch heute als Kulturdenkmal erhalten. Wir löhnen je 4€ und verschwinden im Bauch der kugelrunden Radarkuppel. Es gibt eine Ausstellung zu besichtigen über die militärische Entwicklung auf der Wasserkuppe mit Informationen zur ehemaligen Nutzung. Es hat für mich etwas mystisches, in der Kuppelhülle mit einer einzigartigen Akustik herumzulaufen.
Und jetzt kommt das Highlight, der 60 Meter lange Rundgang um den Sockel des Radoms. Ich fühle mich in Anbetracht meiner Höhenangst nicht sehr wohl, aber die Rundumsicht ist einfach fantastisch. Wir blicken vom höchsten Aussichtspunkt Hessens über die Rhönlandschaft, das „Land der offenen Ferne“. Leider haben wir keine optimalen Fernsichtbedingungen. Aber wir vermuten das Fichtelgebirge, den Thüringer Wald, den Harz, das Rothaargebirge, den Vogelsberg, den Taunus und den Spessart. Außerdem gibt es fantastische Fotos eines Naturfotografen zu bewundern.
Von hier laufen wir zum Fliegerdenkmal (1923), einem Bronzeadler auf einem vulkanischen Basaltschlot. Es erinnert an die gefallenen Flieger des 1. Weltkriegs. Wie unzählige Andere verewige auch ich das berühmte Fotomotiv auf der Speicherkarte meiner Kamera. Unterwegs sehen wir zwei einsame Gleitschirmflieger, die verzweifelt versuchen in die Thermik aufzusteigen, um ihre Kreise zu drehen. Plötzlich hören wir ein ganz bestimmtes knattern, das immer lauter wird. Das Ergebnis kommt wenige Minuten später um die Ecke gefahren. Es sind zahlreiche Oldtimer-Traktoren. Sieht ganz nach einem Treffen aus.
Natürlich gibt es hier oben auch Gastronomie und kleine Lädchen. In der ‚Wasserschnuppe‘ begutachten wir Edelsteine, im Waffelhaus lassen wir uns eine Puderzuckerwaffel munden und im Rhöner Bauernladen essen wir ein Schmalzbrot.
Zum Kochen haben wir keine Lust mehr. Deshalb steuern wir das Grillrestaurant ‚Kneshecke‘ in Dippertz-Dörmbach mit seiner Seeterrasse an. Neben leckerem Essen und frisch gezapftem Kloster-Kreuzberg-Bier gibt es heute das erste Konzert nach dem Corona Lockdown. Die Band beim ‚Grill’n beats‘ stimmt eher leise Töne an, aber die Discomusik zur Pause bringt Stimmung unter die Gäste. Ein wunderschönes Ambiente, trotz do-it-yourself wegen Corona, und ein wunderbarer Abschluss für den Tagesausflug.
5.Juli 2020
Auf die Burg gekommen
Der Ausflug und das Klosterbier haben für einen langen Schlaf gesorgt.
Ich krabble aus Fiete und wir genießen ein ausgiebiges Frühstück. Das Wetter macht uns heute einen Strich durch die Rechnung – es ist kühl und bewölkt. Da ist eine Schlösser- und Burgentour genau das richtige.
Schloss Ramholz
Zuerst geht es ganz in die Nähe von Sannerz nach Ramholz, einem Stadtteil von Schlüchtern.
Hier liegt das Schloss Ramholz (1501) mit seinem 80 ha großen historischen Landschaftspark. Zahlreiche Kleinarchitekturen schmücken den sehr gepflegten Garten. Sowohl das Schloss als auch der nach englischem Stil gestaltete Park sind Kulturdenkmäler nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz. Eine Besichtigung ist nicht möglich, da das Schloss im Privatbesitz ist. Hier starten wir eine 45 minütige Wanderung durch den Wald, vorbei an der zum Schloss gehörigen bemalten Gruftkapelle, die idyllisch in einer Schneise liegt. Ziel ist Burgruine Steckelberg.
Burgruine Steckelberg
Mittlerweile kommt immer mehr die Sonne zum Vorschein.
Wir wandern recht steil nach oben, mal durch dichten Wald, mal durch wunderschöne Lichtungen. Und schon stehen wir vor der Ruine aus dem 14. Jahrhundert, der Geburtsstätte des streitbaren Humanisten und Dichters und Ritters ‚Ulrich von Hütten (1488). Die Höhenburg hat eine rechteckige Mauer und einen Geschützturm der leider für den Publikumsverkehr geschlossen ist. Im Innern gibt es einen Wohnraum mit Kamin.
Wir stromern eine Zeitlang herum und freuen uns über die herrliche Ruhe. Dann liegen wieder 45 Minuten Fußweg vor uns und wir fahren mit Fiete zu unserm letzten Ziel, der Burg Brandenstein.
Burg Brandenstein
Die Burg ist 750 Jahre alt und heute im Privatbesitz. Sie liegt auf einem Bergsporn mit herrlicher Aussicht ins Kinzigtal. Wir durchstöbern den rustikalen Burghof mit rund 800 hölzernen Geräten und Gegenständen aus früheren Zeiten. Die Besitzer organisieren kleine Events. Man kann zum Beispiel Bier brauen, Schnaps brennen, Keltern, Kochen und backen im Holzofen.
Sehr interessant und kurzweilig.
Jetzt geht es zurück nach Sannerz, wo wir von einer Kuhherde empfangen werden, die auf dem Weg zum Melken sind.
Nach einem kurzen Abendessen fahren Fiete und ich mit vielen neuen Eindrücken wieder nach Frankfurt.