Wir schlafen aus.
Es hat die ganze Nacht geregnet, was für unseren Tiefschlaf kontraproduktiv war. Bei ofenfrischen Brötchen und leckerem Kaffee werden wir wach und schauen gespannt auf das Antwerpener Wetter. Leider gar nicht toll, grau in grau und Nieselregen.Es iss wie’s iss – wir starten.
Für die 150 km brauchen wir eineinhalb Stunden. Die Autobahn ist gut ausgebaut und kaum befahren. Wir stellen unser Auto im Parkhaus ‚Goodefriduskaai‘ am Museumsturm aan de Strom (MAS) ab. Kosten für 6 Stunden: 14€. Da kann man nicht mobbern.
Antwerpen, Hafenstadt im belgischen Flandern, liegt an der Schelde, von der sich Richard Wagner für seine romantische Oper ‚Lohengrin’ so richtig inspirieren ließ. Die Nordsee ist ca.80 km weit entfernt. Der Seehafen ist nach Rotterdam und vor Hamburg der zweitgrößte Europas, Platz 11 auf der globalen Rangliste und weltweit wichtigstes Zentrum für die Verarbeitung und den Handel von Diamanten. Im 15. und 16. Jahrhundert war die Stadt sogar eine der größten der Welt.
Wir fliehen vor dem unangenehm feuchten und kühlen Wind direkt in das Innere des 62 Meter hohen Museumsturms, einem eindrucksvollen Beispiel zeitgenössischer Architektur. Die einzelnen Ausstellungsräume sind wie Container übereinander gestapelt, spiralförmig angeordnet und mit gewellten Glasflächen durchbrochen. Das sieht richtig edel aus. Die Fassade aus rötlichem indischem Sandstein ist mit 3000 Händen (zu den Händen später mehr) aus poliertem Aluminium verziert. Von der Dachterrasse schauen wir kostenfrei (!!!) über die ganze Stadt, die uns grau in grau zu Füßen liegt.
Wir schnuppern noch ein wenig Scheldeluft und schlendern dick eingepackt zum Zeemannshus. Hier sind die Lotsen untergebracht, die die Schiffe von der Nordsee und umgekehrt sicher durch die Schelde bringen. Geiles Renaissance-Palais im englischen Stil mit einer Brabo-Statue. Brabo, ein römischer Soldat, soll nach Überlieferungen den tyrannischen Riesen Antigon getötet haben, seine Hand abgehakt und in die Schelde geworfen haben. Daher der Name Antwerpen (Hand werfen!)
Wir treffen auf die Pilgerkirche St. Paulus-Kirche (1506-1656), einem ‚barocken Juwel im spätgotischen Stil. Sie ist offen und kostenfrei zu besichtigen. Wir sind von der einzigartigen Ausstrahlung des Innenraums regelrecht überwältigt. Die frühere Dominikaner-Klosterkirche aus 1571 hat prächtige Barockaltäre, eine besondere Orgel, gut 200 Statuen und 50 Gemälde von Meistern wie Rubens, van Dyck oder van Balen. Hier befindet sich auch Rubens‘ Grabkapelle. Der Kalvarien-Garten erscheint wie ein Fragment aus einem epischen Film über das Leiden und die Auferstehung von Christus.
Jetzt sind wir gespannt auf den Groote Markt, einem riesigen Platz im Herzen der Altstadt. Er ist gesäumt von zahlreichen prunkvollen Gildehäusern aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Und auch hier entdecken wir Brabo, den Antwerpener Helden. Das spätgotische Rathaus (Stadhuis) an der Westseite es Platzes ist eines der ersten Renaissancegebäude der Niederlande. Es wird seit dem 16. Jahrhundert genutzt. Das stattlichste Gebäude der Stadt hat eine herrliche Renaissance-Fassade und beherbergt viele Kunstwerke. An der Fassade hängen Fahnen aller 28 Mitgliedsländer der Europäischen Union.
Wir finden ein nettes EETCAFE-Restaurant, ‚T Putke‘, mit Blick auf die gotische Liebfrauenbasilika, dem Stolz der Antwerpener, und genießen ein handgebrautes belgisches Bier. Nach 170 Jahren Bauzeit wurde die Kathedrale 1521 vollendet. Der Nordturm ist 123 Meter hoch und aus durchbrochenem Sandstein. Er gehört seit 1999 zum Weltkulturerbe, ebenso wie die vier Gemälde von Rubens im Innenraum der Kirche. Jede volle Stunde ertönt ein Glockenspiel.
Gestärkt spazieren wir die Haupt-Einkaufsstraße von Antwerpen, die Meir, entlang. Hier finden wir alle großen europäischen Ladenketten, die in historischen Gebäuden untergebracht sind. Und neben einem Waffelstand auch wieder eine abgehackte Hand! Wir stoßen direkt auf den Zentralbahnhof, nach Umfragen der viertschönste Bahnhof der Welt und Kulisse für viele Filme. Hmmm, könnte stimmen, denke ich. Das steinerne Empfangsgebäude des Bahnhofs ist ein Stilmix aus dem Luzerner Banhhof und dem Pantheon Roms. Wegen der 75 Meter hohen Kuppel, die aus zwanzig verschiedenen Marmorarten besteht, heißt er bei den Einheimischen Eisenbahnkathedrale.
Jetzt wird auch das Wetter besser. Wir schlendern zurück zum Grote Markt und an die Schelde mit der Burg Steen. Sie wurde erstmals im 12. Jahrhundert erwähnt und gilt als ältestes erhaltenes Gebäude Antwerpens. 1520 diente es Kaiser Karl V. als Standort seiner Artillerie. Später wurde die Burg als Gefängnis genutzt. Ein Kreuz über dem Eingang symbolisiert, dass hier zum Tode verurteilte Verbrecher ihr letztes Gebet vor der Hinrichtung ablegten.
Auch wenn jetzt ab und zu die Sonne scheint, sind wir nach sechs Stunden quer durch die Altstadt Antwerpens müde. Wir hüpfen nochmal kurz den MS-Turm hinauf und düsen danach wieder Richtung Aachen. Wir erreichen Fiete pünktlich zu den Tagesthemen. Wir chillen und lesen und feiern Abschied. Morgen fahre ich wieder nach Frankfurt. Es ist sternenklar.
Mensch Schicki, da hat sich ja richtig viel getan auf deinem Blog seit meinem letzten Besuch!! Ich bin schwer beeindruckt! Und natürlich habe ich ihn auch SOFORT abonniert 🙂
Viele liebe Grüße
Kerstin
Jaaaa! Immer mal wieder schaffe ich ein Stückchen mehr. Ud es macht Spaß- Laura hat jetzt auch ihre Meinung zum LOGO abgegeben. Natürlich ist sie die vierte im Bunde. Sie hat sich für’s gleiche wie ihr entschieden.
Mittwoch besuche ich Klaus in Ulm. Er wurde kurzfristig ‚abgezogen‘. Die Fietes müssen zu Hause bleiben.Wir sind bis Sonntag im Hotel. Danach blogge ich aber wieder was. Morgen schaue ich mir eine Dia-Reiseshow über Sizilien an!!!! Freu mich schon. Bis bald mal wieder. Ingrid