12. Mai 2016 –
Moin, moin!
Wir genießen wieder – und immer wieder gerne – unser Outdoor-Frühstück in der Sonne. Natürlich strahlt sie wieder vom Himmel und natürlich ist der wieder stahlblau. Heute geht es nur ein paar Kilometer weiter nach Osten, zunächst nach Bad Doberan, weiter nach Markgrafenheide und dann mit den Öffentlichen in die Hansestadt Rostock.
Unser jetziger Standplatz liegt unmittelbar neben einem 5-Sterne-Camping, der ein Waschhaus der super-extra-Klasse für seine Gäste bereithält. Wir dürfen es nutzen und sind geblendet. Riesen Duschkabinen (man muss einen kleinen Lehrgang absolvieren, um an Wasser zu kommen; fast unmöglich ist es ohne Lesebrille!!) und kleine Toilettenhallen mit allem Drum und Dran. Das Bad für die Kleinsten gleicht einem exklusiven Wasserspielplatz! Valentina und ihre Eltern hätten ihre helle Freude daran. Wir genießen das Duschbad ausgiebig und verzögern damit die Weiterreise erheblich.
Auf dieser Ostseetour folgen wir teilweise der ‚Europäischen Route der Backsteingotik‘, die von Dänemark bis Polen reicht. Dieses Kulturerbe gehört zum mittelalterlichen Baustil. Das Bad Doberaner Münster ist die ‚Perle der norddeutschen Backsteingotik‘, und das möchten wir sehen. Es ist eine ehemalige Klosterkirche aus dem 13. Jahrhundert, von Zisterziensern gegründet, im hochgotischen Stil erbaut und besitzt ein Bein- und ein Kornhaus. Die Ausstattung hat bis heute fast unbeschadet die Jahrhunderte überstanden. Wir waren überwältigt von der Schönheit und der Größe dieses sakralen Baus. Umgeben ist das Backsteinkunstwerk von einer herrlichen Gartenanlage.
Für die Weiterfahrt nach Markgrafenheide benötigen wir mehr als zwei Stunden – es handelt sich dabei um schlappe 40 Kilometer. Ich fahre und Klaus – bewaffnet mit beiden Navis – navigiert mich durch die Land- und Stadtsträßchen und durch die zahlreichen Baustellen. In einer solchen hängen wir fest und finden nur mit der Kenntnis einer Einheimischen wieder heraus („Ach, das ist schon seit mindestens acht Jahren geändert!“). Mit lautem Gebrabbel meinerseits finden wir den Zubringer zur Fähre, die uns in Warnemünde nach Dribbdebach zu unserem Campingplatz bringt.
Es ist 14:30 Uhr, als wir einchecken. Der Empfang ist sehr nett und empfiehlt uns für Rostock je eine Tageskarte für läppische € 4,90 und eine gute Verbindung, wenn wir ca. 4,5 Kilometer strampeln wollen. Wir stellen den Urlaubären schnell ab und rasen mit den Rädern zurück zur Fähre. Die Zeit ist bereits weit fortgeschritten, aber Rostock wir kommen!
Mit Rad, Fähre, S-Bahn und Straßenbahn stehen wir nach 1 ¼ Stunden auf dem riesigen Neuen Marktplatz der mächtigen Hansestadt. Außer einer Straßenkarte haben wir keine weiteren Informationen mitgenommen. Die Touri-Information kann nur bedingt weiterhelfen. Also suchen wir unseren eigenen Weg und versäumen – das sei vorher erwähnt – einige sehr sehenswerten Dinge. Ich beruhige mich mit einem ‚man-kann-ja-nicht-alles-haben‘, glaube mir aber nicht.
Das Rathaus wurde im 13. Jahrhundert erbaut und hat wunderschöne Backsteintürmchen. Die Marienkirche lassen wir zunächst links liegen, wir kommen ja hier wieder zurück (Natürlich war sie dann geschlossen!). Wir schlendern eine der gemütlichen Einkaufspassagen entlang, entdecken am Fünfgiebelhaus ein Glockenspiel, kommen zum Universitätsplatz, auf dem ein Teil der heutigen Uni steht.
Die Rostocker Uni ist die älteste ganz Nordeuropas. Rund um den Brunnen der Lebensfreude ist Leben pur. Das Kloster zum Heiligen Kreuz links neben der Uni übersehen wir, dafür entdecken wir die Petrikirche. Mit 125 Metern ist der Kirchturm höchster Punkt der Stadt. Wir schlendern an einem Teil der alten Stadtmauer entlang und durchstöbern das Hafenviertel. Auf dem Rückweg treffen wir auf St. Nikolei, der ältesten Kirche Rostocks, die in ihrem Kirchendach 20 Wohnungen untergebracht hat.
Die Füße brennen, der Magen knurrt. Wir suchen zum Abschluss des Quickie-Besuchs ein nettes Speiselokal und begeben uns auf den Rückweg nach Markgrafenheide. Wir erhaschen noch einen Blick auf das Steintor und beenden jetzt definitiv unseren Quickie. So richtig überzeugt hat uns diese Hansestadt nicht. Vom Hafen haben wir uns mehr erwartet und sonst irgendwie auch. Man sollte sich besser vorbereiten und mehr Zeit zum Besuch nehmen, dann lässt sich noch Vieles entdecken.
Als wir auf unsere Straßenbahn warten, erleben wir den Beginn einer ‚Henker-Führung‘ für eine Touri-Gruppe. Kurze Zeit später hat das Henker-Double seinen Auftritt: er schreit aus vollem Halse, wie man das im Mittelalter in dieser Position zu tun pflegte. Eine Dame aus der Gruppe war so erschrocken, dass sie leicht vom Boden abhob und kurz vor einem Herzkasper stand. Dies passierte in abgeschwächter Form auch den Umstehenden und uns. Einen weiteren Schrei-Auftritt, den wir Gott-sei-Dank nur in abgemilderter Form erleben, bekommen wir stark gedämpft in der Straßenbahn mit.
Die Fähre in Warnemünde ließ auf sich warten. Unsere dünnen Jacken halten dem kalten Wind nicht stand und wir frieren. In Hohe Düne steht doch tatsächlich die Bus-Linie 17, in die wir hätten einsteigen können. Klaus war jedoch der irrigen Meinung, der Bus nähme keine Räder mit. Ich sehe die Rücklichter des Busses, bin stocksauer, rege mich auf und bibbere, was das Zeug hält. Tapfer stehe ich den Kälteritt auf dem Rad durch. Es ist halbzehn, als wir das WOMO aufschließen. Eine Kanne heißer Tee und das mollig warme Wohnmobil tauen mich wieder auf. Wir schauen noch die Bilderausbeute an und fallen hundemüde auf die Matratze.
Selbstverständlich ist es sternenklar.