Montag, 21. August 2017
Das Smartphone meldet sich um 7 Uhr.
Der frühe Vogel kann mich mal, denkt Klaus, aber auch er muss raus.
Wir wollen den Nationalpark Plitvicer Seen, UNESCO-Weltnaturerbe, durchkämmen. Die sechs Kilometer zum Park dürfen wir leider nicht mit dem Rad zurücklegen, ein Taxi würde 100 Kuna pro Person kosten und der kostenlose Bus-Shuttle fährt ausschließlich bei Tagesanbruch um 9 Uhr!
Wir haben uns schweren Herzens für den Bus-Shuttle, den frühen Vogel und damit für den Tagesanbruch entschieden.
Nach einem quick-and-dirty Frühstück starten wir – bewaffnet mit Fotokameras, Getränken und Essen – zur Bushaltestelle auf dem Campinggelände. Das Wetter verspricht mehr Sonne als Wolken und es ist wunderbar warm.
Hier trifft uns der Schlag.
Mindestens 200 weitere Natur-Touris wollen Bus-Shuttle fahren. Ganz großes Touri-Kino! Verspätet kommen drei Busse, die im Nu hoffnungslos überfüllt sind. Es dauert geschlagene 20 Minuten, bis die Sardinenbüchsen starten. Wir genießen die Sonne, warten geduldig auf die Rückkehr der Busse und nehmen entspannt auf den vorderen Sitzen Platz. Wir fahren auf Empfehlung der Rezeptionistin zum Eingang Zwei des Parks.
Und das ist gut so. Später erfahren wir, dass man 1 ½ Stunden Wartezeit am Eingang Eins benötigt hat. Eine Million Besucher jährlich kommen zum UNECO-Welterbe. Wir erledigen den Kartenkauf in 20 Minuten und fahren mit der Touribahn zu den Oberen Seen. Von hier aus wandern wir links und rechts der Seen und Wasserfällen auf Holzstegen und verwurzelten, fast märchenhaften Waldpfaden durch mystische Waldgebiete knappe 5 Kilometer wieder hinunter Richtung Eingang Zwei. 16 türkisblaue, glasklare Seen in unterschiedlichen Größen reihen sich in Kaskaden aneinander und sind durch Wasserfälle, Bäche und kleine Flüsse miteinander verbunden. H. und ich sind im Fotografier-Rausch.
Überall plätschert es aus Höhlensystemen und Überläufen. Die hier lebenden Braunbären, Wölfe und Luchse haben keinen Bock auf die Menschenmassen. Sie bleiben weit entfernt in den dichten Wäldern. Ich aber denke, so ein Braunbär auf dem eigenen Foto wäre schon eine Sensation!!
Toiletten stehen nur an den Eingängen und den Restaurants zur Verfügung, was das Wasser lassen unterwegs nicht einfach macht. Schließlich ist es warm und wir trinken viel! Am Koziak-See setzen wir mit dem Elektroboot über und lassen uns auf der Konoba-Terrasse Kaffee und Kuchen schmecken. Ich denke in diesem Moment an die vor mehr als 50 Jahren in diesem Park gedrehten Filme von Karl May, der Schatz im Silbersee und Winnetou I und II.
Dann fahren mit der Touribahn zu Eingang Eins und den Oberen Seen, um uns den ‚Big Waterfall‘ (76 Meter) anzuschauen. Leider ist die rare Sonne auch schon hinter den Karstfelsen verschwunden. Trotzdem ist der Abstieg zum Wasserfall – nur Klaus und ich – imposant. Es gibt herrliche Blicke auf die tosende Wasserkraft, das Touri-Gewimmel auf den Holzstegen und die steil abfallenden Felsformationen.
Gegen halb Fünf erreichen wir den Shuttlebus-Parkplatz und müssen noch eine geschlagene halbe Stunde auf die blöden Zubringerbusse warten. Da spricht uns ein Taxifahrer an, der uns ein Angebot für die Fahrt zum Campingplatz macht. Wir lehnen zunächst ab, nehmen aber das Nächste sofort an. Für ‚nur‘ 20 Kuna pro Person und ohne Gedränge werden wir bis vor unseren Campingplatz gefahren! Geilomat! Da kann man nun wirklich nicht mobbern. Beschwingt steigen wir aus und freuen uns über eine halbe Stunde Zeitgewinn.
Nachdem wir die Womos wegen unangenehmer Gerüche neu platziert haben, suche ich meinen Rucksack und finde ihn nicht. Ohjehmineh. Bin schon ganz aufgelöst. Klaus hat sofort die rettende Idee, er könne nur im Taxi zurückgeblieben sein. Das Drama wie in Rüdesheim wiederholt sich! Furchtbar! Alles drin, vom Handy über Ausweispapiere bis zum Portemonnaie.
Klaus ruft ein paar Mal meine Mobilfunknummer an und tatsächlich meldet sich jemand. Kurze Zeit später kommt das Taxi Eagle mit Fahrgästen wieder auf den CP und der Fahrer übergibt mir meinen Rucksack. Da sind Felsbrocken gepurzelt!!! Ich hab‘ ihn umarmt und geküsst, so erleichtert war ich. Ganz großes Gänsehaut-Kino! Ich musste erst einen kräftigen Schluck ‚Hirschkuss‘ trinken, bevor wir im Market einige ‚Karlovacko‘ – kroatisches Lagerbier – kaufen und das Restaurant ausspähen, in dem wir später essen wollen.
Noch ein bisschen chillen, spülen, aufräumen und es geht zum Dinner. Es schmeckt gut und im Anschluss schnabulieren wir auf der Womo-Terrasse noch zahlreiche Absacker, ratschen und lachen über unsere Erlebnisse. Ganz großes Gesprächsthema ist natürlich die Rucksackstory. Zu allem Übel muckt jetzt auch noch der Kühlschrank. Er piepst unaufhörlich und steht offensichtlich mit dem ihm angeboten Strom auf Kriegsfuß. Ich mache kurzen Prozess und gebe ihm Gas, basta.
Wir betrachten noch die Videos und Bilderausbeute des Tages und fallen hundemüde ins Bett. Es ist sternenklar und sehr kühl.