Freitag, 9. Juni 2017
Zahlen – Daten – Fakten
Herrlich geschlafen, bei absoluter Ruhe, nur eine Zwergohr-Eule machte manchmal mit ihren typischen Uuuuh-Uuuuh-Rufen auf sich aufmerksam.
Wir starten kurz nach 10 Uhr zum ‚Etna Sud‘. Klaus ist hellwach. Er bekommt für seinen Euro kein heißes Wasser und ist missmutig! Ich bin bestens gelaunt, denn der Mongibello, wie ihn die Sizilianer respektvoll nennen, strahlt ohne nennenswerte Wolken in der Morgensonne und raucht bedächtig vor sich hin, eine grandiose Naturkulisse. Was für ein großes Glück für uns. Nicht nur, dass er oft wolkenverhangen und im Dunst verschwindet, es rumort auch ständig in ihm. Fast 150 große Ausbrüche wurden seit dem 5. Jh. vor Chr. gezählt.
Wir werden den Berg der Berge mit Touristen aus aller Welt teilen müssen. Bin gespannt, was an der Basisstation Rifugio Sapienza los ist.
Kurz hinter Nicolosi, dem Hauptort des Ätna-Tourismus, fahren wir durch die ersten Ausläufer der erkalteten Lavazungen, durch verschiedene Vegetationen und immer den majestätischen Berg vor Augen. Es ist kaum Verkehr. Bei einer meiner Fotopausen kommt einer der zahlreichen Reisebusse, vollgestopft mit amerikanischen Touristen, hält wenige Minuten, spuckt alle aus, jagt sie zum Ätna-Fotopunkt und dann wird – selbstverständlich aus größtmöglichem Abstand zum Motiv – geknipst was die Tablets und Smartphones hergeben. Ganz großes Fotokino! Ich beobachte das mit einem breiten Schmunzeln aus nächster Nähe, während ich die gewaltige Kraterlandschaft mit ihren endlosen grau-schwarzen Lavafeldern genieße, um in Kürze selbst darin herumzustapfen.
Wir passieren ‚das durch zahllose Bilder berühmt gewordene ‚verschüttete Häuschen‘ kurz vor der ersten Station, dem Refugio Sapienza, wo täglich hunderte von Bussen und Autos durchgeschleust werden. Diese Ausgangsbasis sowie die Seilbahn wurden bei einem Ausbruch 2002 komplett zerstört. Der neue Parkplatz ist gut belegt, wir suchen ein Plätzen mit Ausblick ins Tal und tauschen Shorts in lange Hose und T-Shirt in Fliesjacke für die weitere Fahrt zur Ätnaspitze. Die Tickets für die Seilbahn, die Unimogs und den Guide kosten je 64€, ein stolzer Preis, der es aber ohne Frage wert ist.
Die ‚Funivia‘ bringt uns auf eine Höhe von 2.500 Meter, vorbei an der vom Lavaausbruch zerstörten Seilbahn, der sowohl am Nord- als auch am Südhang wütete. Dort steigen wir um in einen der Ätna-Unimogs. Wir kommen nach atemberaubender Fahrt auf 2.900 Metern an und werden von unserem Guide schon empfangen.
>>Man wird mit einer grandiosen Aussicht über das herrliche Land belohnt, das nah und fern bis ans Meer unter mir lag. Den ausgedehnten Strand von Messina bis Syrakus mit seinen Krümmungen und Buchten sah ich vor Augen, entweder ganz frei oder durch Felsen des Ufers nur wenig bedeckt.<<
Goethe nach der Besteigung des Ätna
Jetzt beginnt der Höhepunkt der Tour. Wir kraxeln in der grau-schwarzen Lava noch weitere 200 Meter hinauf und laufen durch Lavafelder und –zungen vom Ausbruch in 2002. Dadurch sind hier mehrere neue Nebenkrater entstanden. Ein bisschen mehr Aktivität könnte der größte Vulkan Europas schon zeigen!!! Klaus meint trocken: „Jetzt müsste es gerade mal Buff mit Action und Lava machen“. Sein Wunsch bleibt unerfüllt. Es raucht ununterbrochen aus dem Hauptkrater, selten aber auf den Nebenschauplätzen. Die Lavasteine zerbröseln in unseren Händen und knapp 15 cm unter der Erde könnten wir ein Ei backen. Es ist überwältigend und traumhaft schön. Catania liegt im Dunst vor unseren Füßen. Die kleinen Menschengruppen bewegen sich wie Puppen einer Karawane, um der Bergspitze Schritt für Schritt näher zu kommen. Wir auch.
Zurück an der Unimog-Station zur Abfahrt Richtung Seilbahn halten wir inne und genießen nochmal das Panorama. Auf der Aussichtsterrasse der Funivia schlemmen wir glücklich und zufrieden ein Lunch. Bei aufziehenden Wolken gondeln wir mit der Seilbahn zurück zum Refugio, befreien uns von den warmen Klamotten und starten gegen 15 Uhr nach Letojanni, kurz hinter Taormina, unserem Ziel für den nächsten Tag.
Die Schrappnelle leitet uns unmittelbar an der AB-Ausfahrt vorbei, um weitere 29 Kilometer wieder zurück zum ausgewählten Campingplatz zu fahren. Ganz großes Schrappnellen-Kino! Wir haben Glück, wenden eigenmächtig nach 12 Kilometern und beziehen Quartier im ‚Lido Camping Paradise‘, ganz in deutsch-holländischer Hand. Der Platz liegt wunderschön in einem Olivenhain und direkt am Meer.
Eingecheckt, Fiete wohnbar gemacht und sofort ans Meer geschlendert. Diesmal baden wir im Ionischen Meer, das ein paar Grad kühler als das Thyrrenische ist. Heute bleibt die Camperküche kalt. Wir speisen im Restaurant nebenan auf der Terasse hoch überm Meer. Der Vollmond spiegelt sich im Meer, es schmeckt hervorragend und wir reflektieren das Erlebnis Ätnabesteigung.
Es ist sternenklar.