Mittwoch, 21. Juli 2021
Jaaa, es scheint weiterhin die Sonne. Herrlich!
Ich peile heute ein zweites Mal die Rundwanderung um den Lünersee im Brandnertal an. Kurz nach dem Frühstück eile ich zum Stadtbus, 300 Meter vom Campingplatz entfernt. Auf die Öffentlichen ist Verlass, auch wenn wir heute in Bürserberg runde 1,5 Kilometer rückswärts fahren müssen. Ein Baufahrzeug versperrt die Wendeecke. Ganz großes Kino, der Fahrer ist auf 180. Aber es bleibt nur die Rückwärtsschleife. Der Landbus kommt dadurch etwas verspätet an der Talstation der Lünerseebahn an. Aber alles ist noch im Rahmen. Ich fahre gleich mit der zweiten Bahn steil nach oben und genieße erstmal das atemberaubende Panorama!
Es ist kühl und windig. Der sonst türkisblaue See hatte kleine Wellen und eine ungewöhnlich dunkelblaue Farbe. Genau heute hatte ich keine Jacke dabei. Also ist warm laufen angesagt.
Ich wandere dieses Mal in die entgegengesetzte Richtung, d.h. zuerst über die mächtige Staumauer bis zum ‚Bösen Tritt‘, dem Aufstiegssteig von der Talstation der Lünerbahn. Es geht stetig – etwa 200 Höhenmeter – bergan bis zur Aussichtskanzel unterhalb des Saulakopfs (2517m), immer durch saftig grüne Wiesen und vorbei am Grau der zahlreichen Felsspitzen. Zu dieser Jahreszeit zeigen sich die Almwiesen mit einem unbeschreiblichen Blütenmeer, darunter die Alpenrose. Sie blüht von Mai bis Juli und gedeiht in 500 bis 2800 Metern Höhe. Damit sie nicht erfriert, braucht sie im Winter eine dicke Schneedecke.
Es ist eine Genusswanderung und ich lasse mir sehr viel Zeit, um das Bergpanorama zu genießen, die intensiven Düfte und die würzige Bergluft einzuatmen. Ich empfinde eine tiefe Ruhe zwischen den majestätischen Gipfeln und nehme mit allen Sinnen wahr. Der Geruch der blühenden Bergwiesen ist intensiver als sonst, ich kann das gespeicherte Wasser riechen und fast jede Blüte erschnuppern. Überall plätschert es aus dem Boden oder fällt in kleinen Bächen von den Bergen herab.
Als ich am Hinweisschild zum 2222 Meter hohen Gafalljoch – an der Grenze zwischen Österreich und Schweiz – vorbeikomme, verweile ich eine Weile. Ich überlege einen Augenblick, ob ich aufsteige. Ich entscheide mich diesmal dagegen. Der Grund ist simpel, es wird bestimmt noch kühler ohne wärmende Jacke, als es jetzt schon ist.
Einige hundert Schritte weiter entdecke ich am gegenüberliegenden Ufer die Schesaplana mit der Totalphütte. Wow – der Anblick ist grandios! Da bin ich tatsächlich gewesen! Und unweigerlich muss ich an den Auf- und Abstieg denken und die entscheidenden sechs Sekunden vor der Abfahrt der letzten Bergbahn ins Brandnertal. Kurze Zeit später erreiche die Alpe.
Hier tobt der Bär. Ich bestelle eine Hauswurst und eine große Buttermilch. Alles sehr lecker. Ich komme ins Gespräch mit meiner linkenTischnachbarin, von der ich wertvolle Wandertipps erhalte. Meine rechte Nachbarin möchte nur etwas Gutes zu fressen und landet dabei beinahe auf meinem Schoß. In einiger Entfernung fiepsen Murmeltiere. Die hauseigenen Alp-Ziegen warten auf Streicheleinheiten und danach klettere ich noch zum Alpe-Kreuz hinauf und wandere weiter entlang des Sees mit Blick auf die Kanzelköpfe, 2437 Meter hoch. Gemütlich geht es auf dem Wanderweg Richtung Douglashütte weiter, immer mit Blick auf den Seekopf, 2698 Meter hoch.
Der Abschied von diesem für mich so außergewöhnlichen Platz fällt schwer. Ich nehme diesmal eine sichere Talfahrt und der Landbus nach Bludenz steht schon bereit. Den Abend verbringe ich in der Sonne auf meiner Womo-Terrasse und freue mich auf morgen.