Tag 8– 30. April 2022
Ich wache auf und mache mir bewusst, dass ich „auf der Straße“ übernachtet habe. Wahrscheinlich ein Grund, weshalb ich so unruhig geschlafen habe. Trotzdem fühlte ich mich relativ sicher, parkte ich mit Fiete doch inmitten von fünf anderen Wohnmobilen.
In der „Wiege der Nation“ – Guimaraes
Heute steht die Europäische Kulturhauptstadt von 2012 auf meinem ToDo-Programm. Guimaraes gehört zu den bedeutendsten historischen Reisezielen des Landes, ist Weltkulturerbe und liegt nur wenige Kilometer nordöstlich von Porto.
Weil hier im Norden der erste portugiesische König geboren und getauft wurde, bezeichnet sich die mittelalterliche Stadt als „Wiege der Nation“.
Ich parke Fiete direkt an der Burg ‚Castelo de Guimaraes‘ auf dem Monte Largo und stehe wenige Meter später vor einem beeindruckenden, schildförmigen Kastell aus dem 10. Jahrhundert. Ich vermute eine herrliche Aussicht auf die Stadt und die Landschaft vom viereckigen Bergfried. Leider bleibt es bei der Vermutung, denn der Turm darf nicht bestiegen werden. Das Castelo liegt in einem weitläufigen Park, in dem auch die unscheinbare romanische Taufkapelle ‚Sao Miguel‘ von Portugals erstem König liegt. Unmittelbar daneben steht der prächtige Herzogspalast Paco dos Ducal de Braganca, der heute Amtssitz des Präsidenten von Portugal ist.
Ich genieße das Ensemle und verbringe viel Zeit in der „Wiege der Nation“.
Jetzt bin ich neugierig auf die Altstadt. Auf dem Praca de Santiago schlägt das Herz der Stadt. Ich bestaune mittelalterliche Häuserfassaden mit hölzernen Balkonen voller Wäsche, zahlreiche gefüllte Straßencafes und mittendrin einen gotischen Steinbaldachin. Auf dem Lago da Oliveira dominiert die Kirche Nossa Senhora da Oliveira aus dem 14. Jhd. mit einem ausladend dekorierten Altar.
Großen Eindruck machen auf mich die engen Gassen, in denen man sich wie in einem Labyrinth verlaufen kann. Wahnsinn. Die älteste Straße ist die Rua de Santa Maria zwischen dem Burg- und Palastensemble und dem zentralen Largo da Oliveira. Gegenüber befindet sich das frühere Rathaus Antigos paços do conselho aus dem 14. Jahrhundert.
Ein außergewöhnliches Städtchen, denke ich so bei mir, während ich langsam zu Fiete zurückschlendere.
Unbekannte Schönheit im Norden Portugals
Top 2 ist Amarante, das auf halber Strecke zwischen Porto und Vila Real am Rio Tamega, dem längsten Nebenfluss des Douro, liegt. Er entspringt im spanischen Galicien und mündet bei Porto in den Douro.
Ich fahre durch lieblich-wellige, sattgrüne Hügellandschaft, wo die Trauben für den Vinho Verde, einem sehr spritzigen leckeren Wein gedeihen. Vinho Verde bedeutet „Grüner Wein“, doch die Bezeichnung bezieht sich nicht auf die Farbe des Weins, sondern auf die grüne Landschaft seines Anbaugebiets. Im Hinterland erhebt sich das bis zu 1.400 Meter hohe Serra do Marao Gebirge.
Ich finde für Fiete einen hervorragenden Parkplatz direkt am Ufer des Rio Tamega, trinke ein Käffchen und schlendere danach neugierig in die Altstadt. Ich suche das in den Reisebüchern viel gepriesene historische Stadtzentrum, was enttäuschender Weise nur aus einigen Häusern, der Kirche des Volksheiligen Sao Gonzalo und einer Bogenbrücke besteht. Meine Enttäuschung kann ich nicht verbergen und bin deshalb vorrübergehend ein bisschen mürrisch.
Die Ponte de Sao Goncalo steht heute da, wo früher eine römische Brücke gestanden haben soll, da Amarante an der Römerstraße liegt. Bekannt wurde die Kleinstadt allerdings erst, als die Bewohner sich erfolgreich gegen die Streitkräfte Napoleons wehrten und die historische und strategisch wichtige Brücke über den Tâmega verteidigten.
Es ist schon später Nachmittag und ich überlege, ob ich nicht einfach hier bleiben soll. Ich schaue mir noch den ausgewiesenen Stellplatz für Wohnmobile am Schwimmbad an. Hmm, denke ich, hier will ich nicht bleiben und ich fahre – wie morgens schon geplant – direkt nach Porto.
Wunderschöner Nordstrand und ein Radweg nach Porto
Der am nächsten zu Porto gelegene Campingplatz Parque Campismo Salgueiros liegt ca. 200 Meter von einem herrlichen grobkörnigen Sandstrand mit mächtigen Steinbrocken entfernt, ruhig – bis auf die wenigen Flugzeuge vom nahen Flughafen – und die Bushaltestelle ins 7 km entfernte Porto befindet sich „vor der Haustür“. Ich checke ein und ein freundlicher Mitarbeiter sorgt für den Stromanschluss.
Es zieht mich sofort an den Strand. Wow, was für eine Aussicht aufs Meer, viele Holzstege führen hinunter zum breiten und sehr weitläufigen Strand mit wunderbaren rundlichen, fast schwarzen Felsen, die in der Abendsonne glänzen wie schwarze Diamanten. An der Strandpromenade gibt es eine Reihe von Restaurants mit direktem Meerblick, die voll besetzt sind. Ich entdecke den fantastischen Ufer-Fahrradweg und plane, morgen auf jeden Fall mit dem Rad nach Porto zu fahren.
Ich teste noch das kalte Meer und eine Welle erwischt meine Hose! Ich warte auf den beginnenden Sonnenuntergang und freue mich jetzt auf meine Muscheln zum Abendessen.
Das Thema mit der Sat-Anlage und dem TV habe ich noch nicht abgeschlossen. Als Lets Dance Fan kann ich jetzt doch nicht auf die entscheidenden Shows verzichten. Außerdem gibt’s ja noch das Champions League Spiel der Eintracht. Morgen werde ich den Service der Hotline anrufen. Mit diesem Entschluss, einem sonnigen Tag und einem traumhaften Strandspaziergang endet ein erlebnisreicher Urlaubstag. Mal wieder alles richtig gemacht.
Daten
Start 27654
Ziel 27820
57 kmh
Fahrzeit 3 Std.
Strecke 166 km
Verbrauch 9,8 Liter