19. Juni 2020
Wir wagen es.
Es ist stark bewölkt, kühl aber trocken. Unsere Smartphones berichten auf unterschiedlichste Weise über das heutige Wettergeschehen. Der Regenradar ist gar nicht zufrieden mit dem, was da noch kommen soll. Wir ignorieren das gekonnt, schließlich ist es die Abschiedstour von Claudia & Udo aus Leipzig. Wir starten zuversichtlich von unserem Campingplatz.
Mit der Autofähre geht es nach Meersburg. In dem pittoresken Städtchen mit der mittelalterlichen Burg machen wir einen kleinen Rundgang. Der Ort liegt wunderschön inmitten von Weinbergen. Unser Ziel ist heute das nördliche Bodenseeufer: es geht nach Überlingen, einer Kurstadt mit der längsten Uferpromenade am See und weiter nach Ludwigshafen.
Der Bodenseeradweg führt konsequent am Ufer entlang und bietet immer wieder Ausblicke auf den heute sehr grauen See und die kreuzenden Fähren zwischen Konstanz-Staad und Meersburg. Kurz vor Daisendorf hören wir ein lautes ‚Anhalten bitte‘. Ein Rad aus der Gruppe verliert Luft.. Es ist ein Schlauchwechsel nötig. Die Gruppe nimmt’s mit Humor, vertreibt sich die Zeit mit plaudern und Klaus hilft, das Rad wieder fahrbereit zu machen. Zwanzig Minuten später sind wir erneut auf der Piste.
In Unter-Uhldingen, dem Ort mit dem Weltkulturerbe ‚Pfahlbauten‘, machen wir ein Päuschen. Klaus lässt seine Drohne steigen und alle wollen die Pfahlbauten, eine versunkende Siedlungsstätte, betrachten, zumindest von außen. Sie sind das einzige Welterbe, das versunken ist und nicht betrachtet werden kann. Die heutigen Pfahlbauten aus der Stein- und Bronzezeit sind nach den Originalen nachgebaut.
Frohen Mutes geht es wieder auf die Piste. Das Wetter scheint stabil zu bleiben zumindest sind wir davon überzeugt. Wir treffen auf die barocke Wallfahrtskirche Birnau, Weltkulturerbe der Unesco. Sie liegt traumhaft hoch über dem Nordufer des Bodensee und ist jedes Jahr Ziel von zehntausenden Gläubigen. Wir erreichen über Mühlhofen und Nussdorf den Bodenseeort Überlingen. Dieses Teilstück des Bodenseeradweges gefällt uns besonders gut, so die einhellige Meinung der Gruppe. Es gibt so gut wie keine Steigungen.
In Überlingen erinnere ich mich gerne an ein großes SEB-Event und an einen unserer legendären Frauen-Ausflüge, der schon gut zwei Jahrzehnte zurückliegt. Wir schlendern durch die Altstadt und teilen uns auf. Einige haben ein Picknick dabei und andere wollen etwas Warmes für den Bauch. Wir lassen uns auf dem Marktplatz vor dem Münster St. Nikolaus nieder. Es ist ungemütlich, kühl und mit den dunklen Wolken kommt Wind auf. Jetzt sieht es tatsächlich nach unwetterartigem Regen aus.
Richtig!! Plötzlich kommt Hektik auf. Schilder werden eingeräumt, Tischdecken abgenommen, alles was wegfliegen kann, wird entfernt und wir ahnen warum. Es wird noch dunkler, der Wind wird stürmisch und von Westen kommt eine schwarz-graue Unwetterfront angewalzt. Wir flüchten sofort ins Restaurant. Kaum drin prasselt es vom Himmel herunter. Es hört und hört nicht auf. Wir können schon kein Eis mehr essen und keinen Kaffee mehr trinken! Und das muss ausgerechnet am letzten Urlaubstag von Claudia & Udo passieren. Wie schade.
Jetzt heißt es improvisieren. Statt bis Ludwigshafen weiterzubiken, schippern wir mit der Personenfähre direkt nach Konstanz. ‚Auf See‘ wird’s langsam wieder heller. Die Wolkendecke reißt auf und ich entdecke blaue Flecken zwischen dem dunklen Wolkenmatsch.
Wir kehren in Konstanz spontan noch auf einen Absacker und ein Dinner ins Constanzer Wirtshaus ein, um Claudia & Udo gebührend zu verabschieden.
Es ist schön dass ihr dabei sein konntet. Gute Heimreise und bis zum nächsten Mal.
Radkilometer 23