Freitag, 22. Juni 2018
Wir stehen auf und werfen zunächst ein paar Blicke aus unserem Fenster. Wow, wir sind tatsächlich mitten in der Altstadt!! Von oben wirkt die Gasse noch enger, als sie tatsächlich ist. Links und rechts entdecken wir Kirchen.
Ines und Birgit frönen im Supermarkt Eskorti city – direkt bei uns um die Ecke – einem Rieseneinkauf. Dabei wollen wir bloß frühstücken!! Natürlich ist auch eine der berühmten mallorquinischen Ensaimadas (Hefeschnecken) dabei.
Das Frühstück fällt fürstlich aus, wir quatschen über die Tour und freuen uns über Sonne satt bei wolkenlosem Himmel und 28-30 Grad.
Kurz nach 10 starten wir in die Serra de Tramuntana. Diese Route durch einzigartige Landschaft – immer an der Steilküste entlang – gehört zu den schönsten auf Mallorca. Der 88 Kilometer lange und bis zu 15 Kilometer breite Gebirgszug hat 50 Gipfel – darunter sieben Tausender – und ist seit 2011 Weltnaturerbe. Einige davon werden wir sehen. Wilde Schluchten durchschneiden die Bergwelt und enden in winzigen Buchten. Wir erleben grandiose Panoramen und ein sehr intensives Licht!
Valldemossa – einstiges Liebesnest Chopins
Der erste Stopp führt uns in den kleinen Bergort Valldemossa. Er zählt zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten der Baleareninsel. Scharen von Chopin-Verehrern kommen hierher, um die ‚Kartause von Valldemossa‘ mit der Klosterkirche ‚Iglesia dela Cartuja‘ von 1751 und dem wunderschönen Klostergarten zu besichtigen. Das macht den Publikumsmagnet natürlich äußerst touristisch, die meisten ‚Kultur-Touris‘ aber sind nur am einstigen Liebesnest Chopins interessiert, der im hiesigen Kloster einen Winter verbrachte.
Die zum Anwesen gehörende ‚Villa S’Estanca‘ aus dem 19. Jahrhundert hat sich 1990 der amerikanische Schauspieler Michael Douglas unter den Nagel gerissen.
Auf unserem Rundgang entdecke ich an den Häusern bunte Kacheln. Sie erzählen Legenden aus dem Leben der Inselheiligen ‚Santa Catalina Tomàs‘, die hier geboren ist. Vorbei an der Kirche ‚Sant Bartomeu‘ schlendern wir zum Klostergarten. Hier haben wir einen herrlichen Blick auf die Klosterkirche. Es ist angenehm ruhig, nur an der Büste Chopins werden zahlreiche Fotos und Selfies geschossen.
Das Landgut Son Moragues mit dem berühmtesten Loch Mallorcas und steinreiche Insel
Und weiter geht’s auf der Tour. Wir stoppen beim landwirtschaftlichen Gut Son Moragues. Hier gibt es nicht nur mehr als 10.000 Olivenbäume, die bis zu 700 Jahre alt sind, sondern auch das einzige 100% mallorquinische Olivenöl weltweit, außerdem lilafarbenes Zwiebelgelee! Wir eklig ist das denn!!?!!
Wir sind an dem kleinen runden Tempel aus weißem Marmor in antiker griechischer Architektur interessiert, eines DER Postkartenmotive der Insel. Wir verzichten aber, denn für einen einzigen Blick möchten wir keine 4 € pro Person blechen. Wir stromern noch ein bisschen herum und entdecken Wanderer in Badeklamotten, die ganz frech über ein verschlossenes Tor klettern. Ihr Ziel: die Badebucht. Es geht gut eine Stunde durch mallorquinische Berglandschaft, Oliven- und Kiefernhaine, vorbei an grotesken Steinformationen. Da wir weder Zeit noch festes Schuhwerk haben, ist diese Wanderung für uns passè.
Ein paar hundert Meter weiter aber genießen wir kostenlos von einer Aussichtsterrasse fantastische Ausblicke auf eines der beliebtesten Fotomotive der Insel, auf das 80 Meter hohe felsige Naturdenkmal Sa Foradada mit seinem berühmten Loch. An der Landzunge können wir die kleine Badebucht erkennen, zu der die Wanderer aufgebrochen sind.
Und wie kam das im Durchmesser 14 Meter große Loch in den Fels? Durch Wellengang, Salz und Wind natürlich. Wir können uns gar nicht satt sehen am tiefblauen Meer und der riesigen Bucht – ein großartiges Panorama. Hier einen Sonnenuntergang zu erleben muss traumhaft sein!
Berühmtheiten in Dejà und eine Badebucht ohne Bad
Unser nächstes Ziel ist das Künstlerdorf Dejà. Es liegt 400 Meter hoch auf einem Hügel. Hier gibt es noch das typisch mallorquinische Dorfleben, es ist gemütlich, nicht viel los und kaum touristisch. Übrigens, das Dorf war mal Schauplatz für die ZDF Serie ‚Hotel Paradies‘. In eben diesem Hotel – der richtige Name ist Belmond – waren schon Prinzessin Diana und Robbie Williams zu Gast. Getrennt versteht sich. Wir laufen zum höchsten Punkt des Ortes, wo die Pfarrkirche mit einem Friedhof thront, von dem wir einen tollem Blick auf die grandiose Landschaft haben. Wir halten inne, genießen die Ruhe und ein Schwätzchen im Schatten.
Zeit für ein Bad im Meer?
Das sieht so aus! Ines und Birgit sehnen sich nach Abkühlung im Meer. Wir machen uns deshalb schlau und fragen nach dem Weg zur Badebucht ‚Cala Dejà‘, zu der ein schmales Sträßchen aus dem Ort hinunter führt, schmaler als schmal, mit zahlreichen Kurven, einer Menge Gegenverkehr, rasenden Mallorquinern, unsicheren Mietwagen-Touris und am Ende keine Möglichkeit zum Parken. Die wenigen Parkplätze sind alle besetzt. Diese zeit- und nervenraubende Fahrt hätten wir uns sparen können.
Der Orangen-Express von Sóller und das erste Bad im Meer
Auf dem Weg nach Sóller sehen meine Beifahrerinnen halbwilde Schafe und Ziegen. Ich dagegen Kurven ohne Ende. Aber mit dem Tucson macht das Fahren einfach nur Spaß.
Das authentische Städtchen hat Charakter und liegt im Herzen des ‘Orangentals’. Der ‚Plaza de sa Constitución‘ ist gesäumt von gemütlichen Bars und Cafés. Hier rumpelt seit 1913 der berühmte ‚Orangenexpress‘, eine Straßenbahn im San Francisco-Stil mitten durch den Platz. Nebenan stehen die Kirche ‚Sant Bartomeu‘ und eine Superfiliale einer spanischen Großbank, Ines‘ Arbeitgeber.
Und genau auf diese Straßenbahn haben wir es abgesehen.
Sie fährt nach Port de Sóller und stoppt direkt an der Hufeisenbucht mit einem schönen Sandstrand. Hier soll endlich das erste Mittelmeer-Bad stattfinden. Wir haben noch Zeit, die nächste Bahn kommt erst in 25 Minuten. Diese Zeit verbringen wir in einer Gelateria bei Eis und Kaffee.
Dann erleben wir ganz großes Kino: mehrere Straßenbahnzüge donnern an uns vorbei. Also, Fahrplan ignorieren, schnell alles aufschlabbern, und schnell zur Haltestelle. Keine fünf Minuten später sitzen wir in einem der ‚Jardineras‘, blechen stolze 7 € pro Person und tuckern knappe 30 Minuten, vorbei an Gärten voller Zitrusfrüchte, bis zur von Palmen bestandenen Endhaltestelle Passeig des Traves am Hafen von Sóller.
Wir steuern den erstbesten Strand an und stürzen uns endlich in die Mittelmeerfluten. Während wir uns im Meerwasser suhlen, schlabbert das Bahnpersonal in der nahen Bar Kaffee. Nach dem Bad geht’s zurück zu meinem Traumauto und postwendend ins Grand Hotel! Meine Beifahrerinnen müssen dringend p…….. Entspannt geht’s weiter zum nächsten Ziel.
Eine Serpentinenstraße vom Feinsten und eine spektakuläre Schlucht
Wir fahren eine landschaftlich wunderschöne Strecke, auf der wir zwischen Sóller und Lluc mit Blicken auf Mallorcas höchsten Berg belohnt werden, dem Puig Major, fast 1500 Meter hoch. Auf seiner vegetationslosen Spitze – militärisches Sperrgebiet – thront eine goldgelbe Kugel und symbolisiert den höchsten Punkt der Balleareninsel. Am Mirador de Ses Barques genießen wir eine herrliche Aussicht auf den tief unten liegenden Hafen von Port de Sóller, die geschwungene Küstenlinie und die Berglandschaft der Serra. Leider ist es ziemlich diesig, was die grandiose Aussicht ein wenig trübt.
Wir steuern zielstrebig die aufregende und unglaublich geschickt konstruierte Bergstraße MA-2141 nach Sa Calobra zur spektakulären Schlucht Torrent de Pareis an. Mit 12 Haarnadelkurven und atemberaubenden Blicken ist diese Serpentinenstraße nichts für schwache Nerven! Aber ‚mein Traumauto‘ schafft das und überwindet auf 12,5 Kilometern Länge einen Höhenunterschied von 682 Metern! Vor lauter Serpentinen und Konzentration übersehen wir den ‚Krawattenknoten‘, wo sich die Straße mit einer 270°-Kurve um sich selbst kreist. Für die Arbeiten an der kurvenreichen Strecke wurden 31.000 Kubikmeter Fels – überwiegend von Hand – abgetragen.
Nach 45 Minuten kommen wir endlich am Parkplatz der ‚Cala de sa Calobra‘ an. Große Enttäuschung, der Parkplatz schließt um 19:30 Uhr, d.h. uns bleiben genau 20 Minuten für den 600 Meter langen Fußweg zum Ausgang der bekannten Felsenschlucht des Torrent de Pareis. Tja, und das geplante Bad am kleinen, steinigen Strand ‚Platja de sa Calobra‘ mit türkisfarbenem kristallklaren Wasser fällt genau in dasselbe! Wir rangieren hin und her, aber der Tucson passt auf keinen Platz. Chancenlos!
Wir parken nun doch auf dem offiziellen Platz, hetzen zur Schlucht, eilen durch den schmalen Fußgängertunnel im Felsen zur Cala und stehen staunend vor den steil abfallenden Felswänden. Ines‘ Wunsch, nur ein paar kleine Schritte hineinzuwandern, bleibt aus Zeitmangel leider unerfüllt. Und meiner, hier zu chillen und die grandiose Landschaft zu genießen auch.
Auf dem Rückweg geht es an der Cala Tuent, einer Bucht, die uns Carlos wärmstens empfohlen hat, vorbei. Dieser Strand liegt unterhalb des Puig Major. Das nenne ich mal eine tolle Kulisse. Er ist 200 Meter lang und besonders wegen seines glasklaren, sauberen und türkisblauen Wassers beliebt. Aber, es ist schon 20 Uhr, wir wissen nicht, ob man da parken kann und wir haben großen Hunger. Einstimmiger Beschluss: Da fahren wir nächstes Jahr hin! Und die Idee, einen weiteren Malle-Tripp zu unternehmen, ist geboren.
Auf unserer Fahrt nach Inca, der Lederstadt in der Inselmitte, kommen wir an zwei tiefgrün leuchtenden Stauseen, Wasserspeicher für die durstige Inselhauptstadt, vorbei. In kräftigem Türkis glitzern sie am Fuße des Puig Major in der Sonne. Beide Bergseen, der Gorg Blau („Blaue Schlucht“) und der Cúber liegen in unberührter Natur zwischen 750 und 1000 Meter hoch. Fantastisch! Am liebsten wäre ich hier gewandert, um die herrliche Ruhe in dieser einzigartigen Natur zu genießen. Die Lichtfülle an diesem späten Nachmittag ist unbeschreiblich.
Rechts und links der Serpentinenstraßen entdecken wir zahlreiche Trockenmauern, die ohne Mörtel aus kantigen Steinen unterschiedlichster Größe zusammengefügt sind. Über Jahrhunderte entstand so ein ganzes Netz von Mauern, nämlich 25.000 km. Allein in der Serra de Tramuntana befinden sich 15.000 km. ‚Ach wie süß‘, tönt es von den Beifahrersitzen. Es werden mal wieder halbwilde Bergziegen gesichtet!
In Inca suchen wir direkt einen der bekannten ‚cellers‘, ehemalige originalgetreue Weinkeller und heutige Restaurants mit deftigem Essen. Die meisten sind absolut leer. Also landen wir in einem Restaurant, in dem wir nicht aufmerksam bedient werden und wo typisch mallorquinisches Essen ein Fremdwort ist. Schade. Aber Bier und Sangria schmecken lecker.
In Palma kaufen wir in unserem Supermarkt noch ein paar Kleinigkeiten für morgen Früh und sind gegen 21 Uhr erschlagen und erschöpft zu Hause. Ines fällt eine halbe Stunde später ins Bett, auch Birgit verschwindet kurze Zeit später unter der Decke. Ich bin noch so beeindruckt von den Erlebnissen des Tages, dass ich in meinem Mallorca-Büchlein schmöckere. Guts Nächtle!