Freitag, 04.09.2020
Aus dem Fehler von gestern habe ich gelernt und stehe deshalb um 7 Uhr!!!!! auf.
Ich lege beim Frühstücken einen Zahn zu und bin tatsächlich kurz nach 9 unterwegs zur schönsten Traumstraße der Alpen, der Silvretta-Hochalpenstraße.
An einer Tankstelle lege ich noch einen kurzen Stopp ein und kaufe einen Liter Motoröl – für alle Fälle!
Bei stahlblauem wolkenlosem Himmel kämpfe ich mich mit GoogleMaps durch Bludenz und erreiche wenig später die gut ausgebaute 188er. Bei Partenen im Montafon (1.051m) treffe ich auf die Mautstelle. Die beliebteste Gebirgsstraße der Alpen ist nämlich kostenpflichtig, und wie! Ich muss für Fiete und mich satte 23,50 €uro für die kommenden 22,3 Kilometer hinlegen.
Die Panoramastraße
Naturliebhaber und Bewunderer einer faszinierenden Bergwelt sind hier genau richtig. Und ich gehöre heute dazu. Wahnsinn! Die Panoramastraße verbindet das Paznaun in Tirol mit dem Montafon in Vorarlberg und schlängelt sich in nicht weniger als 34 Kehren zum Pass Bielerhöhe (2.032m) und zum Silvrettastausee hinauf.
Das Fahrerlebnis ist grandios. Ein Wermutstropfen – ich nenne es auch Plage – sind die zahlreichen Mountainbiker, die sich verbissen die 10-12 prozentige Steigung hinaufquälen und dabei oft bedenklich nach links und rechts hinauswackeln. Auch die Motorräder sind nicht zu unterschätzen. Sie sind plötzlich hinter dir und knattern mit lautem Getöse und affenartiger Geschwindigkeit knappkantig an dir vorbei.
Ich MUSS immer wieder stehen bleiben, um die spektakuläre Bergkulisse der Silvretta sowie den direkt neben der Straße liegenden Vermunt-Stausee zu betrachten. Und ja, diese Hochalpenstraße ist zweifellos eine der schönsten und beliebtesten Gebirgsstraßen der Alpen.
Der See liegt im Talende des Montafons auf einer Höhe von 1743m. Es ist ein sagenhafter Anblick, denn das Wasser ist genauso milchig und türkisfarben wie das vom Lünersee. Die ihn umgebenden Gebirgszüge sind imposant und hochalpin. Es handelt sich um die Litzner–Seehorn-Gruppe, das Bergmassiv der Kresperspitze und der Hochmaderer.
Der Pass Bielerhöhe
Jetzt ist es nicht mehr weit zur Bielerhöhe. An der Kehre ‚27‘ lege ich ein letztes Päuschen ein und erreiche nach den letzten drei Kehren auf der Vorarlberger Seite den Pass. Hier herrscht Jubel-Trubel-Hoppsassa.
Die Parkplätze sind so gut wie alle belegt, Fiete passt ja auch nicht überall hin. Und es gibt einen Grund dafür: Heute findet die ‚Silvretta Classic-Ralley‘ statt, bei der die schönsten Oldtimer-Exemplare der Automobilindustrie vertreten sind! Ganz großes Oldtimer-Show-Kino!! Diese Superautos, mehrere Kameras und voll eingebildete Fahrer und Fahrerinnenn nehmen genau 50 Parkplätze in Anspruch! Na toll!
Deshalb bleibe ich trotzig an einer Aussichts-Parkbucht stehen, schnüre die Wanderschuhe und gehe auf Entdeckungsreise. Was mir dabei gerade bewusst wird….. bin nur noch 20 Kilometer vom Corona-Hotspot Ischgl entfernt!!!!!
Hier oben eröffnen sich mir wieder ganz neue Blickwinkel. Natürlich halte ich Ausschau auf den 3.312m hohen Großen Piz Buin, Vorarlbergs höchstem Berg. Aber von hier kann ich ihn noch nicht sehen. Dafür entdecke ich auf meinem Rundgang auf dem Pass zahlreiche Kletterer an der Außenstaumauer des Sees, die Barbara-Kapelle, die der beim Stauseebau verunglückten Arbeiter gedenkt und ein satt grünes Tal mit einigen kuscheligen Hütten. Natürlich warten hier auch Hotels und Restaurants auf die zahlreichen Besucher.
Rundweg um den Silvretta-Stausee
Dann starte ich entgegen des Uhrzeigersinns meinen Rundweg um den Stausee, eine einfache aber sehr eindrückliche Wanderung. Der langgezogene See vermittelt Fjordstimmung. Und ich bin gespannt auf die ersten Blicke zum großen ‚Piz Buin‘. Ich laufe auf einem recht breiten Schotterweg und höre es ständig irgendwo plätschern, denn überall fließen kleine und große silberfarben glänzende Wasserläufe aus dem Geröll.
Am Südende des Stausees öffnet sich das Ochsental, und jetzt ist es endlich soweit.
Hier überragt der höchste Berg der österreichischen Silvretta, die Ochsenspitze, wie der Piz Buin auch genannt wird, die hochalpine Umgebung. Der Blick ist überragend.
Übrigens: Der Berg ist Namensgeber für die Sonnenpflegeprodukte. Ein Chemiker zog sich bei der Besteigung des Gipfels einen Sonnenbrand zu und entwickelte daraufhin das gleichnamige Sonnenschutzprodukt!
Ich überquere die junge Ill, die sich hier am Ende rauschend in den Stausee ergießt. Sie entspringt am Fuße der Dreiländerspitze Piz Buin und Silvrettahorn und wird von drei Gletschern gespeist: dem Vermunt-, dem Ochsentaler und dem Schneeglocken-Gletscher. Die Ausblicke auf den See und die Bergkulisse sind bei jedem meiner Schritte einfach überragend! Ich klettere über riesiges Geröll hinunter an die Ill, genieße beim Picknick die Einsamkeit in der Bergwelt und hänge meinen Gedanken nach. Kann mich nur schwer von diesem Ort trennen und laufe nochmal so lange zurück zur Bielerhöhe – vorbei am Hohen Rad (2.934m). Die Nachmittagssonne zaubert ein herrliches Licht auf die gegenüberliegenden Lobspitzen (bis 2.873m hoch) und die gesamte Bergwelt.
Madlenerhaus und Rückkehr
Fiete steht unbeeindruckt noch an seinem Platz. Ich fahre ein paar Meter hinunter und kehre in die Berghütte Madlenerhaus (1.986m) am Fuße der Staumauer ein. Hier ist es gemütlich und weit entfernt von Touri-Gedränge. Verspeise eine Jause und schlabbere ein großes kaltes Radler. Es ist nach wie vor wolkenlos und sehr warm. Vielleicht sitze ich gerade auf dem Platz, auf dem Ernest Hemingway 1925 oder 1926 saß, als er hier zu Gast war!!! Seine Begeisterung über dieses Gebiet und die Hütte verewigte er in seinem Roman „Schnee auf dem Kilimandscharo“.
Jetzt freue ich mich auf den Rückweg und fahre langsam aber stetig mit Fiete ein letztes Mal an der grandiosen Naturkulisse vorbei. Mich dünkt es nach Schokolade und ich will deshalb dem Milka-Haus in Bludenz noch einen Besuch abstatten. Dieses hat aber schon seit 16 Uhr geschlossen!!!! Um 18 Uhr stehe ich wieder – um viele fantastische Eindrücke reicher – auf meinem Stellplatz.
Ich muss erstmal runterkommen und chille eine längere Zeit.
Bei wolkenlosem Himmel ist der Vollmond groß und klar zu sehen.
Was für ein grandioser Tag!
ZDF (Zahlen Daten Fakten)
Strecke: 95,7 km
Verbrauch: 10,6 Liter
Geschwindigkeit: 38 kmh
Fahrzeit: 2 ½ Stunden