Tag 9– 1. Mai 2022
Heute mal richtig ausgeschlafen. Oder doch nicht? Ein startendes Flugzeug weckt mich. Und leider ist es gerade heute total bewölkt. Kann ich dem Wetterbericht glauben, dann soll am Nachmittag die Wolkendecke aufreißen.
Wäre toll, denn heute geht’s in die weltbekannte Küsten- und Portweinstadt Porto.
Ich fahre die acht Kilometer bis Porto mit dem Rad, nachdem ich gestern den tollen Radweg entdeckt und einige Leserberichte im Internet dazu verfolgt habe. Es fährt sich klasse – bei frischer Briese immer am Meer entlang – und ich bin nicht alleine. Nach etwa drei Kilometern muss ich mich jedoch irgendwie durchschlängeln, teilweise auch auf der vielbefahrenen Straße, das Ziel aber ist nicht zu verfehlen.
Plötzlich wird es unfassbar laut! Mindestens 300- 400 Motorräder knattern auf dem Weg zum Douro-Ufer an mir vorbei. Ach ja, jetzt fällt es mir wie Schuppen von den Augen, heute ist der 1. Mai und die ‚Tripeiros‘, wie sich die Einwohner Portos nennen, feiern gerne. Es ist ein Höllenlärm, kaum ein Durchkommen nach Vila Nova de Gaia, dem Städtchen der Portweinkellereien, das Gegenüber der Altstadt von Porto, immer wieder wird im Stand kräftig Gas gegeben und gezeigt, wer der oder die Tollste ist, das verrückteste Motorrad hat und am besten knattern kann. Wahnsinn!
Und überhaupt ist mindestens halb Porto auf den Beinen. Es wird gegessen, getrunken, geratscht, Eis geschlabbert, das volle Programm. Weil es keine Fahrradständer gibt, parke ich mein Rad mitten an einem Halteverbotsschild gegenüber dem Mercado Municipal de Baira Rio. Ganz in der Nähe ist die Seilbahnstation der Teleferico de Gaia, mit der ich zum Kloster und zum berühmtesten Wahrzeichen Portos, der schmiedeeisernen Bogenbrücke mit dem königlichen Namen Dom Luis I. schweben möchte. Scherzhaft wird sie auch ‚liegender Eiffelturm‘ genannt. Das Design stammt von einem Deutschen, der bei A. G. Eiffel in die Lehre ging.
Ich starte und nehme euch gerne mit auf meine Entdeckungstour. Auf beiden Seiten des Douros liegen die weltbekannten „Barcos rabelos“ die früher die Portweinfässer transportierten und heute für Flussfahrten dienen. Schon der erste Anblick auf die Altstadt hat mich trotz nach wie vor stark bewölktem Himmel total verzaubert. Klaro habe ich viele Bilder gesehen und mir immer gedacht, die sind perfekt geschönt. Nein, es ist wirklich so atemberauben, bezaubernd, malerisch heiter und märchenhaft schön.
Das muss ich „von oben“ genießen, löse ein Ticket für die Seilbahn und schwebe zur berühmten Brücke. Und dann wird’s richtig ‚Gänsehautfeeling-mäßig‘! Ich genieße einen paradiesischen Ausblick auf das sich mir bietende Panorama: Altstadt Ribeira, Douro und Weinkellereien. Mit diesen traumhaften Bildern im Kopf lasse ich mich einfach treiben, schlendere durch die schmalen kopfsteinbepflasterten Gassen mit ihren hohen schmalen Häusern und Eisenbalkonen. Viele davon sind bunt, besonders im terrassenförmig aufgebauten Altstadtbezirk. Und ich sehe die Standseilbahn “Guindais“, die vom Douro-Ufer entlang der alen Stadtmauer zum Praca da Batalha führt.
Nächster Visiting-point ist die Igreja dos Clerigos, Kathedrale von Porto, die auf dem höchsten Punkt der Altstadt, dem Hügel ‚Passa Ventos‘, thront. Direkt unterhalb entdecke ich ein gemütliches Bistro, schlabbere eine Sangria, esse Reis mit Muscheln, trinke Kaffee und füttere eine Möwe.
Jetzt zieht es mich in den historischen Bezirk „Ribeira“, dessen Altstadt direkt am Ufer des Douros liegt. Auch hier war die Hölle los, kein Platz mehr in den zahlreichen Restaurants und Bars, Touris und Tripeiros bewegen sich in Zeitlupe und Kopf an Kopf zentimeterweise vorwärts – Corona ist kein Thema mehr – und hervorragende Straßenmusiker spielen auf. Trotz großem Sanierungsbedarfs hat das Viertel einen ganz eigenen Charme und eine tolle Atmosphäre. Die engen Gassen und Treppen winden sich mit den terrassenförmig angelegten Häusern den Hügel hinauf. Der hohe Bestand an alten Gebäuden zusammen mit dem vielschichtigen Gesamtkomplex ist Grund für das Weltkulturerbe.
Das sich treiben lassen lohnt sich.
Ich bestaune die alte Börse Palacio da Bolsa, bin fasziniert vom Bahnhof Sao Bento, der mit den traditionellen weiß-blauen Azulejos (Kacheln) ausgekleidet ist – sie erzählen von historischen Schlachten. Ich komme an unzähligen Kirchen vorbei, jede einzelne für sich ist wunderschön anzusehen und beende den Tag an der Kirche Sao Francisco (übrigens, die meisten Kirchen wollen Kohle sehen!), wo die historische, elektrische Straßenbahn in 40 Minuten nach Foz do Douro am Atlantik startet. Ein Highlight für Morgen.
Ich schippere mit dem Taxi-Boot zurück nach Vila Nova de Gaia, schnappe mein Rad und fahre beschwingt und voll mit wunderschönen Eindrücken zum Campingplatz zurück. Auch morgen will das Wetter nicht besser werden, aber wie heißt es so schön „Das Wetter ist kein Wunschkonzert“ und ich stelle jetzt fest, dass ich den blauen Himmel heute nicht vermisst habe.
Porto und Portugal im Allgemeinen haben mich angefixt. Und ich bin gespannt auf mehr.
Merke jetzt, wie erledigt ich bin, chille mit einem großen Kaffee bei Fiete und schaffe es nicht mehr an den Strand. Das will was heißen, ihr Lieben. Dann bis morgen!
Daten
Fiete hat Pause
Campingplatz Parque Campismo Salgueiros