19.08.2016 –
Hmmm, moin.
Das Wetter gefällt mir gar nicht. Nachts hat es nochmal geregnet, jetzt ist es trocken. Für das Lustschlösschen Chenonceau mit seiner zauberhaften Brückengalerie, die sich elegant über die Cher legt, will ich Sonne pur. Leider ist das Wetter kein Wunschkonzert und ich muss Abstriche machen. Will gar nicht mobbern, der ein oder andere Sonnenstrahl zeigt sich ja schon.
Wir frühstücken im Eiltempo an der Cher, erledigen den blöden Abwasch vom Vorabend und möchten angemessen frisch und fürstlich gekleidet ‚La Gabare‘, unser Boot zum Schloss besteigen. Wir schaffen es.
Die Sammelstelle am Anleger füllt sich und Klaus reiht sich zügig in die Warteschlage, um auf jeden Fall zwei Plätze zu ergattern. Das Boot vorher war nämlich ausgebucht. Kein Wunder, besichtigen doch ca. 1 Millionen Touris jährlich das ehemalige Liebesnest des Loiretals.
Wir starten pünktlich um 11 Uhr und gleiten langsam die Cher entlang. Die Ufer sind naturbelassen und mit dichten Bäumen bewachsen. Es ist ruhig. Am Horizont erkennen wir bald das erste Dachtürmchen des Schlosses, das heute einem Schokoladenfabrikanten gehört.
Und dann liegt es vor uns, elegant, melancholisch, umschlossen von einem weiten Park. Wir fahren durch einen der Brückenbogen und genießen das Schloss von der Rückseite. Boote und Kanus gleiten neben uns gemütlich auf dem Wasser dahin. Schön anzusehen und beruhigend. Wir sind berauscht. Kaum zu glauben, dass dieser Ort Schauplatz amouröser, ausschweifender Feste war. Denn Heinrich II. war unsterblich verliebt in die 20 Jahre ältere Diana von Poitier, der er jeden Wunsch erfüllte, jedes Fest organisierte, in aller Pracht und Zügellosigkeit! Seine Frau Katharina von Medici litt wahnsinnig darunter. Ich hätte das nicht lange ausgehalten! Unmittelbar nach dem Tod ihres Mannes nimmt Katharina Rache und zwingt Heinrichs Mätresse, Chenonceau zu verlassen.
Nach einer Stunde war der Zauber vorbei, wir zurück beim Urlaubären und startbereit für unser nächstes Wasserabenteuer, der Fahrt mit der Toue. Die Sonne ist mittlerweile verschwunden, der Himmel wird grauer, aber es bleibt trocken. Wir fahren über die Königsstadt Amboise, im 15. und 16. Jahrhundert Sitz der französischen Könige und letzte Heimat für den genialen Leonardo da Vinci. Das Schloss thront wie eine Trutzburg über den Dächern des Ortes und der Loire. Heute wirkt es noch bedrohlicher. Der Blick muss reichen.
Klaus pflückt für mich eine leuchtende Sonnenblume und wir genießen in Chaumont-sur-Loire am Ufer ein Picknick mit allem, was der Kühlschrank hergibt. Nervös werfe ich minütlich meine Blicke auf den bedrohlich immer dunkler werdenden Himmel. Die Toue-Fahrt auf der Loire wird doch nicht etwa ins Wasser fallen?
Gleich gehts los. Wir schnappen die Regenjacken, 40€ und natürlich die Kamera. Schon auf dem Weg beginnt es leicht zu tröpfeln. Trotzdem sind fast dreißig ebenso Verrückte wie wir an die Ablegestation gekommen. Wir fahren mit drei der traditionellen Holzkähne hinaus. Es regnet, leicht, aber es regnet. Das ist sooooo schade. Wir sind ein lustiger Haufen auf unsere Boot, bleiben zeitweise im Sand stecken, der Motor geht ab und an aus, aber wir verstehen uns trotz Sprachbarrieren. Die Franzosen an Bord sind der festen Überzeugung, das schlechte Wetter kommt von der Bretagne!!! Es macht viel Spaß. Die Ruhe des königlichen Flusses ist ansteckend. Man möchte ewig so weitergleiten. Vereinzelt entdecken wir Reiher am Ufer, Seeschwalben und Haubentaucher. Um 16 Uhr ist dieser etwas traurige Loire-Genuss Geschichte.
Wir starten nach Tours, unserem morgigen Sightseeing-Ziel. Damit befinden wir uns in der Touraine, dem Mittelpunkt des Loiretal‘s. Während ich mit meinem Beifahrer spreche, träumt dieser mit hängendem Kopf von Schlössern und Flüssen. Ich erhalte keine Antwort. Mittlerweile hat es aufgehört zu regnen, wir erreichen unseren Campingplatz in La Ville-aux-Dames bei Tours problemlos, checken ein, organisieren unseren free WiFi-Code und genießen Kaffee und Himbeertörtchen. Und später ein perfektes Abendessen vom Grill. Das ist urlaub‘n. Die Wetteraussichten lassen besseres vermuten. Schön wär’s, denn Tours ist es wert.
Die untergehende Sonne zaubert ein leichtes Abendrot in den Himmel. Die Sterne wollen noch nicht so richtig, aber das wird schon werden.
Gut’s Nächtle und bis Morgen
Eure Ingrid & Klaus
Daten
- Zielkilometer: 86.540
- Streckenkilometer: 85
- Fahrzeit 1 ¾ Stunden
- Durchschnittsgeschwindigkeit 45kmh
- Durchschnittsverbrauch 10 Liter
- Campingplatz ‚Les Acacias‘ in La Ville-aux-Dames bei Tours